In die lektorale Arbeit gegangen: Sonne und Regen. Jugend und Alltag in einem hessischen Dorf (1934-1958)

Katharina Paulus

Sonne und Regen

Jugend und Alltag in einem hessischen Dorf (1934-1958)

 

Wie ich lebten fast alle Kinder in unserem Dorf. Die großen Ereignisse der Weltgeschichte nahmen wir Kinder nur am Rande wahr, etwa durch die besorgten Gesichter der Erwachsenen, wenn sie am Radio die neuesten Nachrichten verfolgten oder sich mit Nachbarn darüber unterhielten. Das taten sie meistens mit vorgehaltener Hand und auch nicht mit jedem Nachbarn. Und weil dies für uns ungewohnt war, wurden wir ängstlich und spitzten nun erst recht die Ohren. Es war uns unverständ¬lich, warum die Erwachsenen so geheimnisvoll taten. Wir hätten ja ihre Meinung über das Gehörte ausplaudern können und das wäre den Eltern unter Umständen zum Verhängnis geworden, denn Spitzel der Partei gab es auch in Roda genug.
Doch die Angst wurde bei uns Kindern schnell wie¬der zerstreut, wenn wir hinaus auf unseren Hof liefen und unsere Spiele aufnahmen. Hier waren wir doch sicher – hier war kein Krieg. Wir lebten in unserer Kinderwelt, taten die uns aufgetragenen Pflichten bei der Mithilfe in der Landwirtschaft und im Haushalt, träumten und spielten in relativ gro¬ßer Freiheit und vermeintlicher Sicherheit in der Gewissheit, dass die Eltern für uns da waren, also brauchten wir uns nicht weiter um die Welt da draußen zu kümmern.


Katharina Paulus, geb. Lichtenfeld, wurde 1934 geboren. Sie verlebte ihre Kindheit in großer
Freiheit und Naturverbundenheit mit ihren drei Geschwistern auf dem elterlichen Bauernhof in Roda, einem kleinen, verträumten Dorf im Burgwald in Nordhessen.
Schon in jungen Jahren interessierte sie sich für das, was in der Familie an alten Urkunden und Schriften aufbewahrt wurde und erlernte die Sütterlinschrift, um die alten Aufzeichnungen, Kirchenbücher und Briefe lesen zu können.
In den 1980/90er Jahren verfasste sie  eine Familienchronik und eine umfangreiche Ahnentafel.

Sie leitete viele Jahre den Gitarrenunterricht, Batik- und Ostereiermalkurse, und setzt sich für soziale Aktivitäten ein, wie die Organisation von Schulranzen für bedürftige Kinder in Osteuropa.
2005 schrieb sie ein humorvolles Buch über Erlebnisse mit ihren Enkelkindern.

Im vorliegenden Band beschreibt sie das Leben in dem Dorf ihrer Kindheit, wie sie es selbst erlebt oder von ihrem Vater erzählt bekommen hat.