Die Norddeutsche berichtet über die Premiere der Schüler-Anthologie 'Einfach grenzwertig'

Viel Beifall für
Schülertexte

Berührende Lesung aus dem Band
"einfach
grenzwertig”

Von
hannelore johannesdotter Berne. "Lesen
Sie das Buch intensiv. Es drückt Stimmung aus: Wo sind Erwachsene
gefordert, Hilfestellung zu leisten, wo, gesprächsbereit zu sein."
Verleger Alfred Büngen lud ein, sich mit den Texten im Schülerbuch des
Berner Schulzentrums zu beschäftigen. "einfach grenzwertig" ist in
seinem Geest-Verlag Vechta erschienen.
Entstanden war es bei
einem Schreibtag. Aus 30 angebotenen Themen hatten sich zwei
Schwerpunkte heraus gebildet: die Auseinandersetzung mit Liebe und
Freundschaft und die mit Krankheit und Tod. Deutlich hätten sich auch
besondere Belastungen gezeigt wie die Trennung von Eltern, und neue
Lebenspartner für Vater oder Mutter.
Büngen fand es spannend, das
Buch zu lesen - die Auswahl, die aus 1500 Seiten Texten für die
Veröffentlichung in Frage kam. Da viele Schülerinnen und Schüler sehr
persönliche Dinge preisgaben, und anonym bleiben wollten, nennt keine
Geschichte ihren Autor. Aber alle, deren Texte Eingang in "einfach
grenzwertig" fanden, sind im Anschluss an das Vorwort aufgeführt.
Rektor Karl-Heinz Pauli-Erythropel machte deutlich, wie skeptisch das
Kollegium dem Ansinnen gegenüber gestanden hatte, dass ihre Schüler ein
Buch schreiben sollten; wie stolz die Lehrer jetzt über "unser
Schülerbuch" seien. Er dankte dem Verleger Alfred Büngen, der das
möglich gemacht habe.
Pauli-Erythropels Lob galt ebenso dem
Musikkollegen Nikolai Komar, der mit Schülern einige Texte musikalisch
unterlegt hat: "Keine Repros", wie der Schulleiter betonte, sondern
freie Improvisationen auf der E-Gitarre zur klanglichen Unterstützung.
Torben Stöß und Peter Schüler gaben mit "Cyberspace", einem Text über
einen spielsüchtigen Jugendlichen, einen ersten Eindruck von den
"Musikstücken", Alexandria Busko mit "Der Hass" ein weiteres Beispiel.
Da ist der neue Mann an Mutters Seite, "ein neues Familienmitglied".
Eine Jugendliche versucht in "Ein Anruf kann alles verändern" Trauer zu
verarbeiten. Der Text schließt mit der bestürzenden Erkenntnis:
"Eigentlich merkt man erst, wie doll man jemanden gemocht, und wo er
einem überall geholfen hat, wenn er tot ist."
Sicherlich die
bewegendste Geschichte mit dem Titel "Mama, muss ich sterben?" las
Anthea Losch vor. Die Neuntklässlerin hatte sich ihre Krankengeschichte
von der Seele geschrieben - wie zu erfahren war, wussten die Mitschüler
bis zur Lesung nicht, wie krank die Klassenkameradin bereits zweimal
gewesen ist. "Ich sehe das Leben jetzt anders, nachdem ich so kurz vor
dem Tod stand." Mit Beifall würdigte das Auditorium die Kraft des
Mädchens, so freimütig von seinen Ängsten berichtet zu haben.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Die Norddeutsche WEM
Seite: 6 Datum: 16.11.2009