Die Preisträger der Berner Bücherwochen

1. preis
MAI von Agnieszka Piwowarska/ Berlin
begründung:

der beitrag thematisiert "grenzerfahrungen" in mehreren, kunstvoll verflochtenen ebenen: die grenze zwischen alt und jung (eltern und kindern),grenzen zwischen ländern/ politische grenzen, grenzen der schicklichkeit, hell und dunkel, laut und leise, die grenzerfahrungen gewalt und liebe.

die autorin erzählt aus der perspektive eines knaben die geschichteeinerflucht in unbestimmbarer politischer situation. die flüchtendenfamilien hausenin zelten im wald, helfen anderen, in die "sicherheit" zu gelangen.vor diesem tableau entfaltet sich die liebe zwischen der schwester desich-erzählers und dem älteren toma, der, aus "politischen gründen" inder stadt bleiben musste, aber 200 km hin und zurück mit dem rad fährt,nur umeinen tag mit ihr zusammen zu sein. "ich habe ihre küsse gehört",berichtet der erzähler, "es waren die leisesten küsse, die ich jemalsgehört habe". liebe, die alles überwinden kann, sogar gefahr und tod, davon kündet diese schnörkellos und auch  darum so eindringliche erzählung.

nicht nur für peter sodann, der das vorwort zu den "grenzerfahrungen" verfasste, ist diese geschichte über "eine liebe, die bergeversetzt", eine der schönsten, die er in der letzten zeit gelesen hat,"eine grenzerfahrung".

2.
Martina Bethe-Hartwig, braunschweig: KADDISCH (TOTENGEBET)

begründung:
die geschichte der entführung und erschießung eines israelischensoldaten isteine der ergreifendsten und sprachlich überzeugendsten des buches. aus kurzen klaren sätzen entwickeln sich in einer geschickten dramaturgie knapper szenen aus vergangenheit und gegenwart ansätze zum verständnis desgrenzkonfliktes. im mittelpunkt steht das mitleiden mit dementführungsopfer,das ohne zurechenbare eigene schuld, allein aufgrund seiner dienstverpflichtung, einer ausweglos verzweifelten situation ausgesetzt ist. eine nicht alltägliche sicht, die anrührt und um verständnis bemüht ist.

3.
Ulf Großmann, Dresden: ÜBERGRIFFE

begründung:
dem verfasser ist mit seiner sprachkunst die verdichtung eines zwölf  jahre währenden, eigentlich romanhaften, familiendramas in nur wenigen seitengeglückt. die abstrafung des mannes, der einmal fremdgegangen ist,durch die frau wird in kurzen schlaglichtern so eindringlich inszeniert, dass dem leser der atem stockt. der mann ist es, der gewalt erleidet, um des liebenfriedenswillen, die frau die, die mit dem sohn schläft und erklärt, das seinormal. die umkehrung gewohnter klischeebilder gibt anlass zu vielen fragen, das ende bleibt -- der grenzwertigkeit dieser meisterhaft erzählten geschichte angemessen-- offen.

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Weitere Preise:

--  Ernesto Castillo für sein Gedicht "frühe formen" als besten Lyrikbeitrag der Anthologie "GRE."

--   Cvenja Maria Bösing für "ich bin müde" als den besten Beitrag eines jugendlichen Autors der Anthologie "GREF"

--  Georg skrypzak für die grenzüberschreitendste Bereicherung der 2.BBW (Beitrag zur Anthologie, Illustrationen, Cover und Themenabend).

--   Linda Schmitz-Major und Kindergarten Berne als Gesamtberechtigte für das Projekt "Kinderphilosophen"

--   Sarah Meyer ("und warum bin ich so allein?") und Anthea Lösch ("mama, muss ich sterben?") für die mutigsten Beiträge zum szb-Buch "einfach grenzwertig'