Eine Poesie, die davonträgt - Allgemeine Zeitung Alzey schreibt über Buchpremiere 'Flügelschlag des Raben' von Volker Gallé

Eine Poesie, die davonträgt
13.12.2010 - FLONHEIM-UFFHOFEN
Allgemeine Zeitung Alzey von Karin Kinast
LESUNG Volker Gallé stellt in Uffhofen seinen Gedichtband „Flügelschlag des Raben“ vor

Äußerst bereichernd war die Buchvorstellung und Lesung mit Volker Gallé in der Geistermühle. Der als Mundartautor und Mundartliedermacher bekannte Künstler stellte den zahlreichen Gästen seinen im Geest-Verlag erschienenen Gedichtband „Flügelschlag des Raben“ vor. Gedichte fast ausnahmslos in hochdeutscher Sprache, lyrische Schöpfungen von höchstem Sprachgefühl, bedeutungsschwere universelle Poesie.
Gedichte mit starker Bildersprache
Der historische Mahlraum im alten Mühlenhaus, welches vor 200 Jahren einmal den Vorfahren Gallés gehörte, war stimmungsvoll mit Kerzen erhellt, die großen schweren Tische mit Wein und Traubensaft auf altem Leinen eingedeckt, der Raum angenehm gewärmt. Frieren musste hier keiner. Nur die Gedichte machten Frösteln. Nicht vor Grauen, sondern ob der poetischen Dichte der Gedanken über Niederlagen, Verlust, das Unvermögen, die Trauer, die Kränkung, den Tod. „Manche Gedichte lese ich zweimal, manche auch dreimal“, kündigte der erfahrene Autor an. So konnten die Zuhörer aus der jeweiligen Körpersituation heraus in die starke Bildersprache der Gedichte eintauchen. Raben und Schwäne, Elstern und Engel, symbolträchtige Flügelwesen, die Gallé in seinen Poemen in neue Bedeutungszusammenhänge verwebt - „die wilden schwäne haben uns verlassen … ohne flügel sind wir in uns gefangen“. Dazwischen sang er Mundartlieder, die auflockerten und den Geist öffneten für neue Gedankenbilder, die auch lustig sein dürfen.
Japan trifft Rheinhessen: Von Haikus und Haikühen
So etwa die rheinhessischen „haikühe“, eine Gallé’sche Variation der dreizeiligen Haiku, japanischer Sinngedichte in der Silbenfolge fünf - sieben - fünf. „Wie kleine Naturbilder“, erklärte der Poet, „die sieht man im Vorüberfahren, dann sind sie wieder weg, wie die Haikühe. Die sind noch selten in Rheinhessen, und noch nicht so bekannt!“
Den erheiternden Gedichten „unken“, „jauchzen“ und „diebische freude“ folgte das ruhig stimmende Lied „Der Wind hott kann Hass!“ Der beflügelnde Vorleseabend mündete in einem gemütlichen Beisammensein bei wärmender Gemüsesuppe und
anregenden Gesprächen.