Geht in die Bearbeitung: Christa Degemann Wenn Hans kommt

Christa Degemann

Wenn Hans kommt

Geest-Verlag 2013

„Vermisst!“ - Das ungewisse Schicksal von mehr als einer Million deutscher Soldaten,
deren letzte Lebenszeichen im 2. Weltkrieg aus dem Osten kamen, bewegt auch heute
noch. Die Suchdienste erhalten immer wieder Anfragen von Nachgeborenen, von Enkeln
z.B., oder Neffen und Nichten, die den Verbleib von Großvätern bzw. Onkeln klären möchten
und sich wenigstens den tröstlichen Hinweis auf ein Grab erhoffen.
„Vermisst!“ - Die ungeklärten Schicksale bedeuten oft eine lebenslange traumatische Erfahrung
für die Hinterbliebenen, und nicht nur für die unmittelbar Betroffenen. Kinder oder
Enkel können diese Erfahrungen „erben“. Psychologen sprechen von einer transgenerationalen
Weitergabe. Die Geschichte „Wenn Hans kommt“ erzählt von einem derartigen
Trauma. Sie beginnt im 1. Weltkrieg.
Bist du mein Vater?, fragt Gertrud einen der vielen Soldaten, die müde am Haus vorbeiziehen.
Es ist Sommer 1916. Der Vater ist in Russland und die Mutter versucht, die beiden
Kinder und sich mit einem kleinen Getränkehandel durchzubringen.
Zwischen dem großen Bruder Hans und der kleinen Schwester Gertrud entwickelt sich
eine innige Beziehung. Erzählt wird von der harten Arbeit und dem Leben in und mit dem
Familienbetrieb, einer kleinen Mineralwasserfabrik, in der eigene Limonade hergestellt
wird. Die Geschwister würzen ihren Alltag mit Musik, Gesang und schlagfertigem rheinischen
Witz. Sie erleben das Aufkommen des 3. Reiches und bekommen mit, was es den
Menschen in ihrer Umgebung antut.
Der Bruder muss bei Beginn des 2. Weltkrieges sofort Soldat werden. Zwei Menschen, die
nur die Volksschule besucht haben, keine Ausbildung erhielten und das Schreiben im
Wesentlichen für banale Alltagsbedürfnisse gelernt haben, ungeübt sind, schreiben nun
einander, so gut sie es eben vermögen. Sie bedürfen der Lebenszeichen und Liebeszeichen,
wollen Genaues voneinander wissen und sich doch gegenseitig schonen: die
eine im Bombenhagel, der andere an der Front. Gertrud erhält Briefe aus Frankreich,
Dänemark, Polen und Russland. Als Hans im Sommer 1944 bei Minsk vermisst wird,
schreibt Gertrud noch lange Zeit an die Feldpostnummer 03583 D.
Viele Jahre nach Kriegsende gibt es immer wieder Hoffnung auf Spätheimkehrer. Als die
letzten Kriegsgefangenen zurückkommen, ist die Wiederbewaffnung der BRD längst Wirklichkeit
. Gertrud wartet und sucht weiter. Ihre Kinder, Bruder und Schwester, wachsen mit
Hans auf, über den sie so viel wissen und den sie niemals kennen lernen werden. Sie leben
als typische Nachkriegskinder mit dem Trauma der Mutter. Sie fühlen sich verantwortlich,
auf ihre jeweils eigene Art und Weise wieder gutzumachen, was der Mutter widerfahren
ist. Und sie setzen die Suche fort.
Die Geschichte von Hans und Gertrud erzählt vom langen Schatten des Krieges. Und dennoch
ist sie eine Geschichte, die zwischen Komik und Tragik pendelt. Das wundert nicht
weiter, spielt sie doch im Rheinland, am linken Niederrhein, wo die Menschen dem Leben
auch in schweren Zeiten komische Seiten abtrotzen. Und sie ist letztlich auch tröstlich,
weil Gertruds Kinder ein gemeinsames Lebensziel gefunden haben: Nie wieder Krieg.
Die Suche nach Hans aber ist auch fast 70 Jahre nach Kriegsende noch nicht wirklich zu
Ende.
Der Geschichte liegen u.a. Feldpostbriefe von Hans sowie Briefe an Hans, die mit dem
Vermerk „Zurück“ wiederkehrten, zu Grunde. Hinzu kommen die Nachrichten der verschiedenen
Suchdienste.

 

Christa Degemann

Geboren 1946 in Krefeld am linken Niederrhein, lebe ich seit dem Studium
(Lehrerin/Diplom-Pädagogin/ Doktorin der Philosophie) im Münsterland.
Ich bin verheiratet und habe zwei Söhne.
An der Pädagogischen Hochschule/ Universität Münster sowie an der Universität
Paderborn habe ich in den Fächern Deutsch und Soziologie in der Lehrerausbildung
gearbeitet, zudem Tätigkeit an Gesamtschulen im Ruhrgebiet.
Zuletzt war ich langjährige Abteilungsleiterin in der Schulleitung der Anne-Frank-
Gesamtschule in Havixbeck.
Heute führe ich für die Volkshochschule Schreibwerkstätten und Literaturkurse
durch.
Verschiedene wissenschaftliche Veröffentlichungen zur Didaktik und Methodik des
Literaturunterrichts, zur Bücherverbrennung (Diskussion Deutsch, Heft 73/1983),
des Weiteren über Anna Seghers, s. u.a.:
Anna Seghers in der westdeutschen Literaturkritik 1946 – 1983, Köln 1983
Inzwischen publiziere ich eigene Gedichte und Geschichten, z.B. u.a.
Rot / Nur ein Stein (Gedichte), in: Jahrbuch 2008, Mohland Verlag : Goldebeck,
S. 38, S. 39.
Im Anne-Frank-Haus Amsterdam (Gedicht), in: Frankfurter Jahrbuch für das
neue Gedicht, 2010, S. 792.
Mein Haus in Griechenland (Prosa), in: Jahrbuch 2009, Mohland , S. 64
Fräulein Evers unterrichtet diesseits von Afrika (Prosa), in: ebenda, S. 65 – 67
Liebeserklärung an eine verkannte Schöne (Prosa), in: Ansichtssache.
Mohland 2011, S. 23 -27