Herbert Zucchi - Märzspaziergang
MÄRZSPAZIERGANG
Ach wie schön! Nach längerer krankheitsbedingter Bindung ans Haus mache ich zusammen mit Karin den ersten längeren Spaziergang. In vielen Gärten blühen diverse Prunus-Arten, von den Grabenrändern leuchten uns die gelben Sterne des Scharbockskrautes entgegen, und zahlreiche Gehölze entfalten - teils zaghaft, teils mit Macht - ihre Blättchen. Und ein weiterer Frühlingsbote teilt uns akustisch seine Rückkehr mit: Ein Zilpzalp lässt aus der Krone einer hohen Silberweide seine Strophen ertönen, wenn auch noch etwas zaghaft. Von der Spitze einer Zitterpappel schmettert ein Buchfink seine Strophen, im Weißdorngebüsch ist eine Heckenbraunelle zu hören, und auf dem Giebel einer Gartenhütte sitzt ganz versunken ein Amselmännchen und singt sein feierlich klingendes Lied in den späten Nachmittag.
Ja, der Frühling ist auf dem Weg zu uns, und von seinen Boten bin ich seit meiner Kindheit tief beglückt. So auch in diesem Jahr. Aber gleichzeitig vermisse ich etwas: Über dem nahen Acker ist keine Feldlerche zu hören, das markante „gierrrhäk" der Rebhühner ist dort schon lange verstummt, und das Frühlingskonzert der Vögel ist nur noch ein Abgesang früherer Jahrzehnte, in denen die ganze Luft erfüllt war von den gefiederten Sängern. Und noch etwas fällt mir auf: Im neben dem Weg verlaufenden Graben sind keine Laichballen des Grasfrosches zu sehen, die jetzt dort vorhanden sein müssten. Tiefe Wehmut erfüllt mich, und ich spüre den Verlust wie ein Alb auf meiner Seele. Wie ich damit fertig werden soll, weiß ich nicht wirklich.