Heute große Buchpremiere im Berliner Café Canapé um 19.30 Uhr - Helga Bürster und Marianne Pumb: Mauerschatten
Wir sollten hinfahren. Nach Berlin zum 50sten Jahrestag des Mauerbaus. Denn spätestens in der Nacht zum 12. August 2011 wird jemand etwas Unanständiges in riesigen Lettern auf das Brandenburger Tor sprayen. Man wird den Tag über zwei Männer sehen im Bemühen, die Schmiererei rechtzeitig vor den Gedenkfeiern zu entfernen. Und man wird in der Nacht auf den 13. August an derselben Stelle zwei Frauen treffen, die es sehr, sehr eilig haben. Gunda und Hilde. Beide sind Jahrgang 1961 und entfliehen den lästigen Verpflichtungen eines runden Geburtstags.
Ohne allzu despektierlich wirken zu wollen: Es wird weitaus interessanter sein, Gunda und Hilde heimlich zu folgen und sie zu beobachten, als den offiziellen Zeremonien beizuwohnen. Und wer sich bei bestem Willen nicht auf den Weg in die Hauptstadt machen kann, dem sei als würdiges Trostpflaster das Buch "Mauerschatten" empfohlen, in dem Helga Bürster und Marianne Pumb die Erlebnisse von Gunda und Hilde vorweggenommen haben. Der Klappentext verspricht nicht zu viel. Es ist eine Novelle voll sprühender Situationskomik, treffsicherer Pointen und erschütternder Tragik. Ich bin immer noch hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, beide Autorinnen mögen mit ihren oft knapp skizzierten Schilderungen sehr viel mehr Seiten gefüllt haben, und der Bewunderung, welche inneren Bilder und lebendigen Vorstellungen eben diese Skizzen bereits hervorrufen.
Meine Hochachtung! Dies ist ein wirklich gelungenes Buch. Es bestärkt mich in der Meinung, dass viele literarische Schätze längst abseits der großen Verlage publiziert werden und nur darauf warten, auch gehoben zu werden. "Mauerschatten" ruft die "Generation Mauer" aus dem Schatten ins rechte Licht und erzählt von jenen, die es betraf und prägte. Dieses Buch ist kein Mauerblümchen, sondern eine echte Mauerblume!