Heute neu in 2. Auflage erschienen: Heimatverein Visbek (Hg.): Die Gemeinde Visbek in der Zeit von 1933 bis 1949

Heimatverein Visbek (Hg.)

Die Gemeinde Visbek in der Zeit

von 1933 bis 1949

Geest-Verlag 2008

 

ISBN 978-3-86685-157-3

Format A4

ca. 200 S.

15 Euro

 

 

 

In der vielschichtigen Darstellung dieses 'Lesebuches' finden wir unter
anderem folgende Passage, auch ein Beispiel für den Widerstand der
Menschen in der Zeit des nationalsozialistischen Terrors:

9. April 1945 (Montag) – Mehrere Väter und Mütter aus Visbek, unter
anderen Georg Schlömer, Fritz Brockmann, Berta Funke, Ida Kalvelage,
Maria Aschern und Antonia Assmann, erschienen im Gemeindebüro und
protestierten gegen die Einberufung ihrer 14-, 15- und 16-jährigen
Söhne. Im Gemeindebüro waren der Bannführer aus Vechta, Bürgermeister
Josef Wigger, Gemeindesekretär Erich Fleischer und Volkssturmführer
Franz Windeler anwesend.
Die Väter und Mütter traten energisch und entschlossen auf. Sie setzten
die Herren kurz und bündig davon in Kenntnis, dass sie ihre Jungs auf
keinen Fall in den Krieg schicken würden. Und sie fügten hinzu: „Unsere
Jungs sind noch Kinder, wir geben sie nicht her.“ Der Bannführer
versuchte, die empörten Väter und Mütter umzustimmen. Als ihm dies
nicht gelang, verwies er auf die gesetzlichen Bestimmungen und warnte
die Väter und Mütter in scharfem Ton: „Ihr dürft Euch den Anordnungen
unseres Führers nicht widersetzen“. Doch hiervon ließ sich keiner
einschüchtern und beeinflussen; auch nicht durch die Sprüche des
Bannfürhers wie „Unsere Jugend muss Opfer bringen, gemeinsam mit dem
Volkssturm wird sie unsere Heimat verteidigen.“
Berta Funke redete den Bannführer wiederholt mit „Banditenführer“ an.
Sie fragte ihn, warum er denn seine eigenen Kinder in Sicherheit
gebracht habe. „Was für eine Frage“, fuhr er Bannführer sie an. Seine
Ausrede, die Kinder hätten Erholung und Luftveränderung gebraucht und
wären deshalb zu auswärtigen Verwandten gebracht worden, ließen die
Väter und Mütter nicht gelten. Sie riefen dem Bannführer zu: „Dann
schicken wir unsere Jungs auch in Erholung“, und mit diesen Worten
verließen sie das Gemeindebüro. Einer der Visbeker Herren meinte noch:
„Frau Funke, Frau Funke, das wird noch ein böses Nachspiel geben.“ Doch
Frau Funke erwiderte ganz gelassen: „Dann müsst ihr Euch beeilen, sonst
ist der Tommy eher da.“
So blieb es dabei, dass die Eltern ihre Jungs zu Hause behielten. Kein
einziger Junge folgte dem Einberufungsbefehl. Ein Nachspiel konnte
nicht mehr kommen, denn einige Tage später waren die Engländer da.