Hoffnungstexte: Louisa Regelmann - Breif an mein zukünftiges Ich

Brief an mein zukünftiges Ich

Hallo, mein zukünftiges Ich!

Für mich ist das Leben wie eine Zugfahrt. Man steigt in den Zug ein und erlebt eine rasante Rei-se. Es steigen Leute ein, laufen an dir vorbei, be-achten dich noch nicht einmal und gehen in ein anderes Abteil. Manche Leute setzen sich zu dir, und du gewinnst sie lieb. Manche gehen nach ei-niger Zeit in ein anderes Abteil. Sie wenden sich ab. Manche Leute bleiben aber auch für dein gan-zes Leben neben dir sitzen und stehen dir bei. Irgendwann ist es aber auch für dich Zeit zu ge-hen, den Zug zu verlassen. Man steht für einen Moment allein da. Du bist aber nicht allein. Denn der Zug hält, und es steigen neue Leute ein, die sich zu dir gesellen.
Nur, was ist, wenn auch ich den Zug von jetzt auf gleich verlassen muss? Was passiert mit mir? Dann beginnt eine neue Zugfahrt, und sie geht bis ins Unendliche. Der neue Zug hält nicht an, denn er fährt ins Jenseits.
Doch wie war die Welt, bevor ich in den Zug ein-gestiegen bin? Grau und trostlos oder fröhlich und bunt? Wie ist sie bei dir? Hat die neue Technik uns eingeholt? Wird alles nur noch übers Internet be-stellt, sodass immer mehr Läden zumachen? Schöne Läden, in denen man sich wohlgefühlt hat? Der direkte Kontakt von Kunde zu Verkäufer ist doch viel persönlicher als der vom Nutzer zur Plattform. Wurden die Leitungen in die Häuser verlegt, damit die Menschen nie wieder hinauszu-gehen brauchen? Werden die Lebensmittel bei dir direkt an die Leute verschickt? Machen die Su-permärkte zu, sodass Kinder sie bald gar nicht mehr kennen? Brauchen wir uns nicht mehr zu bewegen? Bringen Roboter uns alles? Putzen, wa-schen, füttern und räumen sie alles weg? Mein Robo hieß damals Mama, doch meine Mutter ist ein Mensch und kein virtuelles Lebewesen. Gehen die Kinder noch zur Schule und Erwachsene zur Arbeit? Haben wir noch einen direkten Kontakt zueinander, oder wird nur noch über Facebook und Twitter kommuniziert? Gibt es noch Papier und Stifte oder wird alles am PC getippt und ab-gespeichert? Gibt es noch Menschen, die Dienst-leistungen anbieten, oder wird alles von den Ro-botern erledigt? Gibt es Roboter, die als Polizisten, Feuerwehrleute, Lehrer, Verkäufer und so pro-grammiert werden?
Wie sieht deine Welt aus? Gibt es noch Bäume und Pflanzen? Tiere und fruchtbares Gut? Bäche, Flüsse und das Meer? Erde, Steine, Asphalt oder Sand? Gibt es noch Straßen oder wird gar nicht mehr mit dem Auto oder dem Fahrrad gefahren? Gibt es andere Fortbewegungsmittel? Wird jemand Flügel erfinden, damit man endlich fliegen und sich frei wie ein Vogel fühlen kann? Wie gerne ich das machen würde! Erfindet jemand Scheiben, auf die man sich stellen und herumfliegen kann? Oder wird es Portale geben, durch die man sich beliebig hin und her teleportieren kann? Wird das Geld noch eine Rolle spielen? Wird endlich Frieden auf der Erde herrschen? Gehen wir sorgsamer mit unserer Umwelt um?
So viele Fragezeichen. Ich hoffe, ich werde an diese Stellen ein Ausrufezeichen setzen!

Dein junges Ich

Louisa Regelmann (12 Jahre)