Holger Evang-Lorenz
Köln,  20. Januar 2023
[Tag der Wannsee-Konferenz: 20.01.1942]



bleibenwiediealten

ent artete kunst.
darüber schwadronierte er.
der vater einer freundin.
bis ins hohe alter.
und dass ausländer nichts taugen.
fand er,
dieser zackige jäger.
er liebte es, seine hunde scharf abzurichten:
aggressiv sollten sie sein. je reißender umso besser.

armei war unwohl, wenn andere das mitbekamen.
aber es gab eine art von abhängigkeit.
wenn nicht gar bewunderung.

vater rudolf hatte ihr immerhin zu einigem wohlstand verholfen.
vater rudolf ist schon lange tot.

gestern saß amrei auf unserem Sofa.
ließ sich aus über das neue bürgergeld,
das man den leuten nachschmeiße.
vor allem den ausländern.
und jetzt will kroatien auch noch in die eu.
wen sollen wir denn noch alles durchfüttern?


amrei lässt ihre blicke schweifen.
über die bilder an den wänden.

viel monochrome kunst.
und verfremdete portraits des zwanzigsten jahrhunderts.
auch von verfolgten malerinnen und malern.
das meiste haben wir geschenkt bekommen.

und was bitte soll an diesen bildern schön sein?
amrei fragt das allen ernstes.

keinerlei erschrecken?
keine bange frage:
was hat der väterliche faschismus in mir angerichtet?
wo ticken rassistische zeitbomben -
niemals entschäft?
warum plapper’ ich’s nach -
das braune geschwätz aus kindertagen?

kommt das dabei ‘raus,
wenn wir die Zeit
zwischen pubertät
und dem
eigenen altwerden
nicht

nutzen?