Ich bin mir selbst fremd geworden - Stimmen aus dem Frauenzuchthaus Hoheneck - u.a. Gespräch mit Marie Luise Knopp am 16.11. in Leipzig im ZiMMT



 





Exposé. Anlässlich des 35-jährigen Jubiläums der friedlichen Revolution bringen das Musiktheater-Kollektiv Schatz & Schande und das Musik-Ensemble Neue Kammer ein Projekt zu DDR-Geschichte auf die Bühne.

Das Frauenzuchthaus Hoheneck (bei Stollberg/Sachsen) ist zum Sinnbild politischer Verfolgung in der DDR geworden: mit drakonischen, menschenrechtswidrigen Strafmaßnahmen, unwürdigen Haftbedingungen und Zwangsarbeit in der Textilindustrie versuchte der DDR-Machtapparat in vielen tausend Fällen, politische Gegnerinnen zu brechen - der häufigste „Straftatbestand“: geplante oder versuchte Republikflucht. Eine außergewöhnliche Performance aus Zeitgenössischer Musik, Choreografie und Licht, konzipiert vom MusikTheater-Kollektiv Schatz & Schande und dem Ensemble Neue Kammer, sucht die künstlerische Auseinandersetzung mit diesen Verbrechen. 

 

Unter dem Titel „Ich bin mir selber fremd geworden“ rücken Gedichte ins Zentrum, die von inhaftierten Frauen während ihrer Zeit in Hoheneck verfasst und 2024 vom Komponisten Philipp Rücker vertont wurden. In vielfältiger Gestalt aus Stimmen und Streichinstrumenten treten die Gedichte in Dialog mit einer Lichtinstallation, die die Farblosigkeit, Enge und Monotonie des vergitterten Alltags plastisch werden lässt: Wie in den Grautönen eines Schwarz-Weiß-Filmes ragt ein Gesicht, eine Hand, eine Silhouette schemenhaft hervor; gleichzeitig werden Licht und Schatten zu repressiven Entscheidern über Nähe und Distanz, Berührung und Abschottung der Akteur*innen, die sich zwischen Nähmaschinen, Mauern und Züchtigung ihre innere Freiheit zu bewahren versuchen. 

 

Was entsteht, ist eine gewagte, neuartige Form der Erinnerungskultur: Die Künstler*innen machen die beklemmende Gefangenschaft in Hoheneck mit Augen und Ohren greifbar, vermitteln eindringlich eine Ahnung von Ohnmacht und Gewalt - und errichten den inhaftierten Frauen aus ihren eigenen Worten ein machtvolles Denkmal. 

Flankiert wird die Performance von einem informativen Programmheft und einem Publikumsgespräch.

 

Beweggrund und Geschichte. Wir, die beteiligten Künstler*innen sind Teil jener Generation von Nachwendekindern, deren Aufwachsen von den Nachwirkungen des politischen Umschwungs massiv geprägt war. Vor dem Mauerfall liegt Unrecht, Wunden die sich (noch) nicht schließen konnten und danach, im Zuge der Wiedervereinigung sind neue Wunden hinzugekommen. Die „Erinnerung von unten“ (nach A. Assmann), eine Aufarbeitung des Gewesenen, der kollektiven Traumata und Verwerfungen in der ostdeutschen Bevölkerung und scheint auch im 35. Jahr nach dem Mauerfall notwendig für ein Zusammenwachsen und eine gesamtdeutsche Demokratie. Wie man an den aktuellen politischen Verwerfungen und der breiten Zustimmung für offen antidemokratische Kräfte, auch im Osten ablesen kann. Wir sehen unsere Generation in einer besonderen Weise verantwortlich, als Brückenbauer zu fungieren und uns für gegenseitiges Verständnis einzusetzen. Mit diesem Projekt wollen wir einen wichtigen Beitrag dazu leisten.

Das Frauenzuchthaus Hoheneck ist das Sinnbild politisch-verfolgter Frauen 1945 bis 1989 in der DDR. Hoheneck war berühmt für menschenunwürdige Haftbedingung, Überbelegung, Krankheiten, Erniedrigung, sowie Zersetzungsmaßnahmen, bis hin zur Folter.

Wir wollen Licht auf diesen Teilaspekt der Deutschen Geschichte werfen, an das erlittene Leid erinnern, es vor dem Vergessen bewahren und die Stimmen der Frauen aus Hoheneck noch einmal laut werden lassen. Daher stehen ihre Kunstwerke, Gedichte die in der Haft in Hoheneck geschrieben wurden, im Mittelpunkt.

Schatz & Schande - Neue Kammer, Leipzig, Oktober 2024

70 Jahre Deutscher Musikrat

 

 

 

 


 

 

 
 

“Ich bin mir selber fremd geworden”

Stimmen aus dem Frauenzuchthaus Hoheneck (DDR)

15.11.2024 I 20 Uhr I ZiMMT, Leipzig I TICKETS(link is external)

16.11.2024 I 20 Uhr I ZiMMT, Leipzig I TICKETS(link is external)

17.11.2024 I 17 Uhr I Gedenkstätte Bautzner Straße, Dresden

 

Im Anschluss Gespräch mit Zeitzeuginnen