Irene Ullrich-Leimbach, Moin, Moin
Irene Ullrich-Leimbach, Nordenham
Moin, Moin
Mein Alltagsmorgen beginnt mit dem ersten Schritt durch die Abbehauser Wisch. Meine Beine, noch müde und ungelenk, nehmen langsam Fahrt auf. Nach kurzer Wegstrecke ein erstes, wiedererkennendes Moin, Mann mit Kaffee für unterwegs. Grundschulkinder radeln vorbei, moin, ich spreche ihnen und mir Mut zu, man kann nicht früh genug damit beginnen! Kitakinder werden gebracht. Moin. Sich anzuvertrauen tut gut, ich laufe ein Stück kaputte Betonstraße, nicht träumen, sonst kommst man ins Trudeln und Stolpern. Zu meiner Linken ein zer-fallenes Haus, verwilderter Garten, schönes, einsames Grundstück, nahe genug zum Dorf, zur Schule und Kita. Hier könnte mein Enkel leben, verstecken spielen. Verwunschene Kopfweiden säumen den Weg. Der Beruf des Weidenschneiders wird aussterben. Fix flechte ich einen Weidenzaun und stelle ihn in unserem Garten auf, werde mich zu einem Kursus anmelden. Links der Bauernhof der Familie des ersten Oldenburger Ministerpräsidenten, Theodor Tantzen. Rechts ein verwittertes Holzgatter, schnell öffnen und schließen. Mein Geheimweg. Zweihundert Meter moosbewachsen, weich abgefedert geben sich meine Füße hin, juchzen, dürfen Barfußlaufen. Zu beiden Seiten ein Abwassergraben, Erlen, Hagebuttensträucher, eine Ochsenwiese, auf der anderen Seite Milchkühe. Moin, moin, ihr Kühe, viel Spaß beim Wiederkäuen. Einige Bäume sind bereits oben zusam-mengewachsen und bilden eine Kathedrale, Sonne un-termalt mein Morgengebet. Zwei Berner Sennenhunde nehmen Witterung auf, rennen zum Gatter, bellen mich an. Moin, moin, ich bin nur gerade auf meinem Weg, keinen Stress, jeder macht so gut er kann seinen Job, ok! Verkehrslärm, der Weg führt über einen Holzsteg zur Deutschen Mühlenstraße. Im Winter ist es hier glatt und rutschig. Ich biege rechts zur Moorseer Mühle ab. Auf dem Seitenstreifen des Weges mehrere blau blühende Wegscharten. „RR“ hat ihnen ein Denkmal gesetzt.
„alte mühle, hast viele menschen geseh’n, kommen und geh’n, fröhlich die einen auf hohem wagen, die anderen gebückt, von der Last fast erdrückt und der wind trieb deine flügel an, für jedermann“ (Anne Schaaf, Seefeld)
Ich überquere die B 212, ein gefährlicher Überweg. Das Mühlencafé hat noch bis Oktober geöffnet. Ob die Be-treiber davon leben können? Viele Mühlencafés sind mittlerweile Anziehungspunkte geworden, bringen wieder Leben ins Dorf. An den Bäumen im Mühlengarten viele kleine Reitländer Äpfel, ob sie jemand erntet und zu Apfelsaft presst? Auf dem ehemaligen Bahndamm begegnet mir ein Hundeausführer, dessen Treue und Anhänglichkeit mich stets aufs Neue berühren und beschäftigen. Er ist zweimal täglich mit seinem Hund bei Wind und Wetter unterwegs. Moin, moin. Der Hund lebt schon Jahre im Haushalt seiner geschiedenen Frau, da sie ein Haus bewohnt. Herr und Hund sind zusammen gealtert. Vielleicht kommt er ja auch über die Trennung seiner Frau nicht hinweg. So kann er sie täglich, ganz unverfänglich, sehen. Denn sie lebt längst mit einem Anderen. Ist er nun treu oder feige? Loslassen und Wei-terlaufen ist wohl nicht sein, aber heute mein Motto.
Auf dem Mühlenteich blühen Seerosen.
Auf dem Nachhauseweg begegnen mir zwei lyrische Altkleidercontainer. Hauptworte drängen sich auf blau-weißem und rotweißem Hintergrund. Ist es um die Schreibzunft so schlecht bestellt? Lässt man das Rote Kreuz nach Worten suchen? Hinweis: Werfen Sie Ihre selbst formulierten Texte hier ein. Sie sollen lesbar und unterhaltsam sein, gewaschen und in Tüten verpackt. Gedichte bitte paarweise bündeln. Vielen Dank!
Moin, bin angekommen, nur einen Milchkaffee bitte, hatte heute viel Wegzehrung.