Jenny Schon - Käthe Kollwitz (zum Geburtstag)

Jenny Schon

Käthe Kollwitz
8.7.1867 Königsberg -  22.4.1945 Moritzburg

schwarze konturen
umrisse von menschen
mit der spitzhacke bewaffnet
staub bedeckt ihr tuch
gezeichnet die gesichter weber
marschieren zum aufstand
Käthe redet die ohnmacht
der menschen nicht klein
aus der bosse
donnert ihr kreidestift
gegen das unrecht
immer wieder streik
nie wieder krieg

die kinder
durchscheinend ihre gesichtchen
dürr die händchen
die mutter
wie eine Schutzmantelmadonna
brütet geborgenheit
in der welt der bedrohung

den sohn verloren
im Stahlgewitter und wieder
vernichtet erneut ein krieg
1943
resigniert ihr zeichenstift
Da stehe ich und grabe
mir mein eigenes Grab
zwei jahre später stirbt
sie in Moritzburg da lag
Dresden bereits in
trümmern

20 Jahre danach
werde ich Pflastermalerin
am Kudamm in Westberlin
einen sommer lang
materialisierte sich
aus der schwarzen kreide
Das Bangen – ich ahnte
Warum
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aus: Jenny Schon, Lautes Schweigen, Gedichte, Geest Verlag, 2016

Hinweis: Unbedingt das neue Käthe-Kollwitz-Museum im Schloß Charlottenburg besuchen!