Jenny Schon: Mein Betttuch brennt - Zum 40. Todestag von Ingeborg Bachmann (17.Oktober)
Jenny Schon (1)
Mein Betttuch brennt
Zum 40. Todestag von Ingeborg Bachmann (2)
25. Juni 1926 in Klagenfurt; † 17. Oktober 1973 in Rom
Ich kenne diese flammen
ich hatte mich wundgelegen
An heinrich von kleist (3)
In jungen jahren
Und einen brandfleck
Im herzen
Dann tratst du ein
Kurfürstendamm 59/60
Und stöberst in
Staubigen folianten
Das antiquariat
Verjüngte sich bei
Deinem lächeln
Wir einigten uns auf
Else lasker-schüler
Wir hatten noch einen langen weg
Zu ihrem „weltende“ (4)
Ich war schon in prag
Ein jahr zuvor
Ich weinte in
Theresienstadt
Du wolltest kafka
eine rose aufs grab legen
und jacob schnupperte
an deinem lachen
dann deckte euch
mein wundgelegenes laken zu
weil ihr frort
im jänner ist es
kalt in prag (5)
ich kenne die kälte
ich bin geboren
im winter
in dem land
das mich verjagt
ich habe mein kinderbett
dagelassen…
Böhmen am meer (6)
Eine obsession
Der dichter
Die sich in illyrien
Wähnen und
Der mimikry von ahornbäumen
Lauschen
Dein kindheitsfluß
Klingt böhmisch
Sagst du
Moldau, donau
Bei mir singen sirenen
In elbe und rhein
Als jacob starb
Nahm ich seine hand
Das war’s sagte er
Und es war viel
Geh jetzt
Der rabbi kommt
…ich ging zu heinrich
An den wannsee
die spiegelfläche grau
und steinern wie granit
tiefgründig und uralt
das wasser das schweigt ....
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(1) Jenny Schon, geb. in Böhmen, lebt in Berlin, Buchhändlerin, Sinologin, Autorin, Lyrikerin, langjährige Mitarbeiterin bei dem jüdischen Philosophen Jacob Taubes an der Freien Universität Berlin; sie war an seinem Totenbett 1987.
Im Besitz von persönlichen Briefen von J. Taubes, u.a. zu seinem Liebesverhältnis mit Ingeborg Bachmann.
Paris 1985
Liebe Jenny Schon, also über Prag nach…
Ich bin mit Ingeborg einmal nach Prag und wir haben den ganzen Tag damit verbracht, das Grab Kafkas zu finden, auf das Ingeborg eine Rose auf sein Grab legen konnte. Am Abend waren wir durchnässt und durchfroren und mussten uns aneinander wärmen. Unvergesslich auch der Geruch J.T.
(2) 1963 zog Bachmann mit einem einjährigen „Artist in Residence“-Stipendium der Ford Foundation nach Berlin, wo sie bis 1965 blieb.
(3) Deutscher Dramatiker und Dichter, extremer Gerechtigkeitssinn in der Erzählung „Michael Kohlhaas“.
(4) Eins der bedeutendsten Gedichte von Else-Lasker-Schüler, deutsch-jüdische Lyrikerin.
(5) Ingeborg Bachmann, Prag Jänner 1964, Gedicht
(6) Ingeborg Bachmann, Böhmen liegt am Meer, Gedicht