Jenny Schon: Mein Betttuch brennt Zum 50. Todestag von Ingeborg Bachmann
Jenny Schon
Mein Betttuch brennt
Zum 50. Todestag von Ingeborg Bachmann
(25. Juni 1926 in Klagenfurt; † 17. Oktober 1973 in Rom)
Ich kenne diese Flammen
ich hatte mich wundgelegen
An Heinrich von Kleist
In jungen Jahren
Und einen Brandfleck
Im Herzen
Dann tratst du ein
In meine Buchhandlung
Und stöberst in
Staubigen Folianten
Das Antiquariat
Verjüngte sich bei
Deinem Lächeln
Wir einigten uns auf
Else Lasker-Schüler
Wir hatten noch einen langen Weg
Zu ihrem „Weltende“
Ich war auch in Prag
Ich weinte in
Theresienstadt
Du wolltest Kafka
Eine Rose aufs Grab legen
Und Jacob schnupperte
An deinem Lachen
Dann deckte euch
Mein wundgelegenes Laken zu
Weil ihr frort
Im Jänner ist es
Kalt in Prag
Ich kenne die Kälte
Ich bin geboren
Im Winter
In dem Land
Das mich verjagt
Ich habe mein Kinderbett
Dagelassen…
Böhmen am Meer
Eine Obsession
Der Dichter
Die sich in Illyrien
Wähnen und
Der Mimikry von Ahornbäumen
Lauschen
Dein Kindheitsfluß
Klingt böhmisch
Sagst du
Moldau, Donau
Bei mir singen Sirenen
In Elbe und Rhein
Als dein Geliebter starb
Nahm ich seine Hand
Das war’s sagte er
Und es war viel
Geh jetzt
Der Rabbi kommt
…ich ging zu Heinrich
An den Wannsee
Die Spiegelfläche grau
Und steinern wie Granit
Tiefgründig und uralt
Das Wasser das schweigt....
(aus: endlich sterblich – de brevitate vitae, Geest Verlag, 2016)
Als ich dieses Gedicht schrieb, wusste ich nicht, dass es noch einen anderen Geliebten, Adam Opel in Wien, verstorben 2018, gab, der mit ihr in Prag war. Die Mitteilung, dass Jacob Taubes mit Ingeborg Bachmann in Prag war, habe ich von Jacob Taubes persönlich in Briefen an mich.
Mittlerweile hat mir das Bachmann Archiv in Salzburg mitgeteilt, dass ein Briefwechsel
zwischen Bachmann und Taubes vorhanden ist, aber kein Hinweis auf die Prag-Reise mit Taubes.