Kriege - auch in vorchristlicher Zeit (Elena Seifert übersetzt von Wendelin Mangold)

Beim Übersetzen des folgenden Textes habe ich (Wendelin Mangold) mich hineinlehnen müssen in die vorchristliche Geschichte

und mich nicht wenig dabei erneut wundern müssen, in den folgenden christlichen Jahrtausenden wurde es

nicht besser, was die Auseinandersetzungen in den besagten Gegenden betrifft – Krieg, Raub, Zerstörung, Barbarei –

wenn auch mit primitiven Waffen – die Menschheit hat nichts dazugelernt, außer moderne Waffen auszuklügeln,

um noch schlimmere Raub- und Zerstörungskriege zu führen.

 

Elena Seifert

 

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die greise erinnern sich noch, wie Mithridates seine griechische sprache dem mund entnommen hat,

auch Sulla hat es getan, und sie, die nichtgriechen, tauschten die sprachen (und verkehrten derweil lateinisch,

Eupators latein dabei muskulös wie in Latium), wenn das eigentlich auch dieselbe griechische sprache war,

sein zungenrücken bäumte sich in Rom und das spitze ende stützte sich aufs winzige königreich Ponto,

und das königreich wuchs merklich – zu jener zeit wuchs alles außer der muttersprache im mund.

zwanzig asiatische sprachen in Mithridates mund hätten auch wachsen beginnen können.

perser und grieche drehen das ewige rad in seinem adamsapfel.

tier, großes tier Eupator!

römische könige – streuner! –

schrie Mithridates.

in seinem schlafgemach Alexanders leinene rüstung, sein pfeil fliegt weiter als Alexanders pfeil,

sein antlitz auf der münze ist denn nicht Alexanders antlitz?

tun ihm denn nicht leid die griechen?

und die rhodier ergaben sich nicht Mithridates, der in Sullas sprache schrie, und Sulla nahm Piräus wortlos ein.

eine griechische armee in Griechenland ist größer als zwei griechische armeen in Asien, wenn sie so den Neuen Dionysos

erschreckt und ihn siebzig kupferbeschlagene schiffe, einen sack geld, Bithynien und Kappadokien gekostet haben,

dazu umarmung und kuss Sullas.

Sulla, dessen sprache das ausgeraubte Delphi und die abgeholzten gärten Lykeions witterten.  

          

Übersetzt von Wendelin Mangold