Madlen Kunz - Das erste Opfer
Madlen Kunz, 18 Jahre, Vechta
Das erste Opfer
Ich werde taub
Blende die Töne dieses grässlichen
Stückes aus
Ein Schleier legt sich um meine
Wahrnehmung
Ich löse mich auf
Ich schreie
Mit allem, was ich habe
Mit allem, was ich jemals besaß
Ich schreie und trotzdem reicht es nicht
Meine Stimme kommt nicht an
Gegen die Todesinstrumente
Doch ich singe weiter
Singe von einer Menschlichkeit
Die sich irgendwo versteckt
In diesen fortmarschierenden Körpern
Vielleicht haben sie sie verloren
In dem Nebel aus stickigem Rauch
Begraben unter Trümmern
Pulverisiert von einer Wucht
Aus Spaltung entstanden
Und wenn ich jedes Pulverkorn zusammensetze?
Sie alle zurück nach Hause bringe?
Hat das alles dann ein Ende?
Plötzlich dämmert es mir
Ich spüre es wie einen Schuss
Mein Herz entleert sich seiner blutroten Tränen
In Trauer um den Tod des ersten Opfers
Welches der Krieg gefordert hat
Ich beerdige sie, die Menschlichkeit
Und meine Hoffnung gleich mit ihr
„Du wirst niemals erwachsen werden“
Sagte ich zu ihr
Und eine Arztstimme zu mir