Manfred Schwab - An Vaters Grab
An Vaters Grab
In Gedanken bin ich bei dir. Immer
hab ich diesen Satz für eine schmerzlich
leere Floskel gehalten. Auch in jenen
letzten Briefen meines Vaters aus dem Krieg.
Er war ja nicht da, fehlte entsetzlich, blieb
unersetzbar auch im Gedankendunkel
aus dem er hervor wuchs zu unfassbarer
Größe, ferner als alle Himmel. Doch
an jenem Tag auf dem wohlgepflegten
Massengrab von Costermano, als meine Kinder,
deine ungekannten Enkel, jung wie ich damals
und ich nun alt wie du als sie dich zwangen
zu sterben, an jenem Tag, als meine Kinder
sich mit Blumen beugten über den grauen
Stein im Heidekraut, da warst du mir plötzlich
nah, Vater, nah wie nie im Leben.