Marlies Kalbhenn - Aissatou

Aissatou


Ich lernte dich vor unserm Bahnhof kennen,
du standst verloren dort herum
und lächeltest nur – scheu und stumm.
Drei Wochen später, wieder war’s am Bahnhof,
da sah ich dich zum zweiten Mal.
„Aissatou“ sagtest du. Und „Senegal.“

Inzwischen ist ein langes Jahr vergangen,
in dem ich viel, sehr viel gelernt von dir.
Noch fühlst du dich, sagst du, nicht heimisch hier.
Auch mir ist fremd noch manches, was du sagst,
und finde, das ist ganz in Ordnung so.
Doch dass wir Freunde sind, das macht mich froh:

Denn nun hat alles Fremde ein Gesicht,
hat Geist, Gefühl, hat Seele, Herz, Humor.
Du bist für mich der Schlüssel zu dem Tor,
durch das ich staunend eine Welt betrachte,
die mir ein Buch mit sieben Siegeln war,
du – schwarzes Mädchen aus Dakar.


Marlies Kalbhenn