Mein Heute und Morgen an der Ruhr - Die 21. Essener Anthologie. Herausgeber: Artur Nickel ( im Lektorat)
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in Heute und Morgen an der Ruhr
Die 21. Essener Anthologie
Herausgeber: Artur Nickel
Visbek: Geest-Verlag, 2025
ISBN 978-369064-536-2
ca. 340 Seiten, 14,- Euro
Geleitwort
Warum tun Menschen das noch: zu Stift und Papier greifen, auf Tastaturen drücken oder tippen, um damit Wör-ter, Sätze und Texte zu bilden? Kann die KI das nicht längst besser, auf Fragen Antworten zu finden, auf Probleme mit Lösungen zu antworten, all dies in bestmöglicher Optimierung und im höchsten Maße kompetent, um es im Schuljargon zu sagen?
Aber vielleicht hat es sich ja herumgesprochen, zumindest bei denjenigen, die Bücher wie dieses schreiben und auch lesen: Selber denken ist die aufklärerische Maxime, auf der demokratische Lebensformen basieren, selber schreiben ist ein wichtiger Weg dazu – niemand würde ernsthaft in einer illiteraten Gesellschaft leben wollen, es wäre der autoritären Willkür Tür und Tor geöffnet. Die fast unüberschaubaren politischen Konflikte weltweit, ökologische und ökonomische Krisen mögen in den Denk- und Rechenmaschinen eine wichtige Hilfe zur Be-wältigung finden – aber abwägen und die Urteilskraft ver-antwortungsvoll betätigen kann nur der Mensch.
Etwas spezieller, individueller gedacht: Will man sich selbst eine Form geben, seine Eindrücke, Erfahrungen und Gedanken wortwörtlich auf die Reihe bringen, ist das Schreiben von Aphorismen, kurzen Szenen, Denkbildern oder Erzählungen ein sehr gutes Mittel dafür. Man kann zwar mit Bild und Ton ähnliches schaffen, hat dann aber eine andere, auch kräftige Ausdrucksebene, der aber doch eines fehlt: die Selbstreflexion.
Wer sind nun diese schreibenden ‚Selbste‘? Die an diesem Band beteiligten Schülerinnen und Schüler, Kinder, Jugend-liche und junge Erwachsene aus dem Ruhrgebiet, die der Einladung Artur Nickels zum Schreiben gefolgt sind, blei-ben nicht für sich. Sie verstehen sich von vornherein als Gemeinschaft, denn ihre Texte sind vom Herausgeber redigiert, untereinander gelesen, einige von ihnen wer-den sie auch einem Publikum vortragen. Und gedruckt werden die Texte weitere Kreise ziehen, Echos finden, und daraus werden neue Ideen für den nächsten Band entstehen. An 2000 junge Leute sind es vom Beginn der Reihe vor 20 Jahren, die mit ihren Texten nicht nur ihre eigenen Gedanken ausdrücken, sondern damit auch an-deren ein Beispiel zum Schreiben gegeben haben und geben werden.
Der Blick auf die Zukunft ist immer wieder angeklungen in allen Bänden der Essener Jugendanthologien. Es sind vor allem Gegensätze, die schon im Titel erkennbar seit 20 Jahren Schreibanlässe geben: Fremde und Heimat, zwischen den Stühlen und zwischen den Welten, Wirk-lichkeit und Träume, Grenzen und Überschreitungen – sie bilden oft den Rahmen. Nun geht es um Mein Heute und Morgen an der Ruhr: Aus der Gegenwart die Zukunft sich entwickeln zu sehen, sie als Möglichkeitsraum zu gestalten ist das Projekt – mal hoffnungsvoll, mal dys-topisch, mal individuell, mal gesellschaftlich, sich und andere dabei zu verorten und Denkräume auszupendeln ist die Absicht. Dazu hat Artur Nickel, diesjähriger Ehren-preisträger des Literaturgebiets Ruhr, seinen fast schon gewohnten, aber erneut verdienstvollen, großen Beitrag geleistet – alle erwarten das mittlerweile von ihm, selbst-verständlich ist es aber nicht. Nun geht der Band in die Öffentlichkeit – ich wünsche diesen authentischen, span-nenden und auch ästhetisch interessanten Texten eine weite Verbreitung!
Ralph Köhnen, Oktober 2025