Neue Westfälische berichtet über die begeisternde Premierenlesung von Dirk Riepe 'Ganz schön cool, behindert zu sein!' am vergangenen Sonntag in Herford
In den Zeiten vor der Erkrankung wurden Urlaube in Süditalien oder in Griechenland expeditionsartig geplant, jeder Hohlraum im Corsa für die Campingausrüstung verplant. Mit ähnlichem Aufwand werden seit der Erkrankung des Erzählers an Multipler Sklerose (MS) auch die Urlaube ins nahegelegene Ostfriesland geplant, jetzt im Bulli. Behindertenparkplätze, Transportbedingungen für Behindertendreiräder und die Konfrontation mit stoischen ostfriesischen Parkplatzwärtern lassen ebenso schmunzeln wie der familiäre Rollentausch. War es einst der weibliche Harndrang, der schon am Kamener Kreuz den peniblen Zeitplan der Anreise durcheinander zu bringen drohte, ist es nun der Mann, der im Gedanken an die umständliche Prozedur des Ein- und Aussteigens mit Rolli-Fahrstuhl schwitzend den Harndrang unterdrückt, und dem es am Ziel erleichtert entfährt: "Keine Zeit für Floskeln. Ich muss aufs Klo!"
"Ganz schön cool, behindert zu sein! Erlebnisse eines Teilzeitbehinderten" heißt der Band mit Kurzgeschichten des Herforders Riepe. Augenzwinkernd schildert er Begegnungen mit vermeintlich Nichtbehinderten. Rasenmähen am Nachmittag oder abgeflämmte Hände nach dem Einsatz am Grill gehören der Vergangenheit an, "Ganz schön cool, behindert zu sein!"
Mit Sprachwitz und ohne Bitterkeit schildert Riepe die Welt aus einem anderen, speziellen Blick. Wenn Literatur anderen neue Erfahrungshorizonte eröffnen kann, dann ist Riepes Buch beste Unterhaltungsliteratur. Die knapp 40 Zuhörer, die trotz Schnee zur Lesung ins Frühherrenhaus gekommen waren, hatten ihren Spaß, egal ob sie im Rollstuhl oder auf eigenen Füßen durch den Schnee gekommen waren.