Rezension zu Jenny Schons Gedichtband 'Wie Männer mich lehrten ..... von Anna Gerstlacher, Berlin




Anna Gerstlacher, Berlin,

 

Wie Männer mich lehrten
die Bombe zu halten und ich sie fallen ließ.

Gedichte, Geest Verlag
2009, Vechta, ISBN 978-3-86685-211-2,

106 S., 10,-- Euro;

 

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In dem schmalen
Gedichtband mit dem sperrigen Titel: „Wie Männer mich lehrten die Bombe zu
halten und ich sie fallen ließ“ widmet sich die Autorin in mehreren Gedichten
Steinen. Es geht nicht um gewöhnliche Steine, sondern um jene, mit denen nach
den Gesetzen der Scharia auf Frauen geworfen wird. Glasklar und unbeirrt hebt
Jenny Schon den Schleier  der Verblendung
und sieht die Freiheit, eine Freiheit „über sechs Kinder und eine Wäschetruhe.
Einkaufen tut der Mann“. In ihrer prägnanten Lyrik spannt sie den Bogen von
Berlin-Kreuzberg, über den Bosporus, in den Orient, wo „Frauen nicht alleine
auf die Straßen, nicht lesen, nicht schreiben, nicht leben“ dürfen. Im
Schlepptau die iranische Neda, die türkische Sürreya, die österreichischen
Töchter von Fritzl, die Frauen in Palästina wagt sich die Autorin hinaus in die
Welt, durch ferne weite Wüsten, um dann schließlich durch enge Gassen bei sich
selbst in Berlin anzukommen.

 

Dem Agitprop der
Studentenbewegung der 60er Jahre, dem nachfolgenden „make love not war“ werden
Überforderung, Einsamkeit, Missverständnisse sowie die Sprachlosigkeit der Frauen
gegenüber gestellt und angeprangert: „schweig über den klau meiner wörter – du
griffst auch meine vielfalt – einfältiger du – ich lass dir die – lüge von der
dreifaltigkeit“ (S. 78).

 

Ein weiteres Thema ihrer
lyrischen Beobachtungen ist der 9. November 1918, 1938 und 1945 („Eine deutsche
Zählung“); überraschender- und interessanterweise nicht den 9. November 1989.
Doch bereits in der Einleitung bekennt Jenny Schon, dass der Fall der Mauer in
Berlin für sie weniger Bedeutung hatte als die Verhängung der Fatwa gegen
Shulman Rushdie im 20. Jahrhundert.