Rezension zu Nicoleta Craita Teno's Roman ' Man bezahlte den Kuckuckseiern den Rückzug'

Eine wunderbare Rezension von Derek Rose zu Nicoleta Craita Teno's Roman  'Man bezahlte den Kuckuckseiern den Rückzug' gibt es auf Amazon zu lesen.

 

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5.0 von 5 Sternen Prädikat: besonders wertvoll 7. März 2014
Dies ist ein wirklich lesenswertes Buch. Die Geschichte des Roma-Mädchens Magdalena ist zwar keine leichte Kost, kein spannungsgeladener Pageturner, keine humorige Bettlektüre. Und trotzdem drängt die Erzählung zum Weiterlesen. Sie fesselt aufgrund ihrer authentischen Erzählweise, der untertourigen Tonalität, der ungewöhnlichen Bilderwelt ihrer Sprache.

Erzählt wird das Schicksal der heranwachsenden Magdalena, die mit ihrem Vater im Winter 2005/6 nach Deutschland kommt. Angesichts der nur drei Monate währenden Aufenthaltserlaubnis versuchen beide mit Hochdruck, sich durch Straßenmusik das Geld für einen Neuanfang in Rumänien zu verdienen. Magdalena ist durch Erlebnisse in ihrer Kindheit traumatisiert und leidet unter psychischen Dysfunktionen. Häusliche Gewalt spielt bis in die Gegenwart eine beständige Rolle in ihrem Leben. Als heilsam erweist sich die Teilhabe an der vordergründig heilen und glitzernden Welt der Großstadt Hamburg – selbst wenn sie hier nur eine Randerscheinung ist. Um nie wieder nach Rumänien zurückkehren und auf das paradiesische Deutschland verzichten zu müssen, überlegt sie schließlich, die Ehe mit einem ungeliebten Mann einzugehen ...

Neben der Haupterzählung haben mich auch die Nebenschauplätze des Buches berührt. So z. B. die Schilderung der Flucht ihres Onkels Gicu nach Deutschland im Jahre 1988 – denn ich erinnere mich sehr wohl an mein eigenes gutes Leben in jener Zeit. Für einen Westeuropäer ist es unfassbar, in welch grausigen Parallelwelten Menschen in der heutigen Zeit leben müssen – sei es in der europäischen Nachbarschaft oder sogar mitten unter uns. Auch andere Kunstgriffe – wie die Verankerung der Haupterzählung im Vorfeld der 2006er Fußballweltmeisterschaft – unterstützen eine tiefere Einsicht in das Schicksal jener, die an unserem Überfluss teilhaben wollen und zutiefst enttäuscht werden. Plötzlich steht der Leser mit Magdalena auf der Kehrseite unserer Gesellschaft.

Nicoleta Craita Ten’os Buch verzichtet auf reißerische Szenen und das Spiel mit der Tränendrüse. Sie schildert aber eine Art von Normalität, die gerade deshalb umso bedrückender erscheint und lange nachwirkt.

Geboren wurde die rumänische Autorin Nicoleta Craita Ten’o 1983. Sie spricht nicht, seit sie im 13. Lebensjahr seelisch erkrankte. Zusammen mit ihrer Familie siedelte sie im Jahr 2001 nach Deutschland über. Ihren ersten Gedichtband veröffentlichte sie 2000 in Rumänien, auch die folgenden Bücher erschienen in ihrer alten Heimat. Seit 2010 publiziert sie auch in Deutschland. Für die Erzählung „Man bezahlte den Kuckuckseiner den Rückflug“ erhielt sie 2013 das Bremer Autorenstipendium.

Prädikat: besonders wertvoll!