Rezension zu: Zwei Klicks vom Nichts entfernt - Anthologie zum Rasenden Stillstand - Thomas Bartsch, Frank M. Fischer, Holger Küls, Hans-Hermann Mahnken, Artur Nickel, Sigune Schnabel und Rieke Siemon

 

Rezension zu

Zwei Klicks vom Nichts entfernt -

Anthologie zum Rasenden Stillstand -

Thomas Bartsch, Frank M. Fischer, Holger Küls, Hans-Hermann Mahnken, Artur Nickel, Sigune Schnabel und Rieke Siemon

Hg.: Alfred Büngen

Geest-Verlag 2024

ISBN 978-3-86685-982-1

176 S., 7 Farbbilder, 13,80 Euro

 

Crispr-Genscheren – wir, die Schöpfer unserer selbst.
Instagram, Facebook, Dating-Apps – wir, immer vernetzt, nie in Kontakt.
Chat GPT – es, allwissend, unfehlbar, der neue Mensch?

Klimazerstörung, Automassen, Alltagsermüdung.
Zeit. Zeit. Zeit.
Fehlt, rennt, vergeht – nicht.

Fast dystopisch ist die Grundstimmung der Anthologie „Zwei Klicks vom Nichts entfernt“ (Geest-Verlag, 2023), das Beschriebene und Beobachtete zu extrem um wahr zu sein.
Und doch: Das muss wohl die Welt sein, die wir erschaffen haben. Erschaffen werden.

So viele Menschen, der Mensch so allein. Und wie kann es sein, „dass alles immer schneller und schneller wird und doch gelichzeitig stillsteht.“ (Artur Nickel).

Deutlich werden Mauern: zwischen Generationen, Natur und Mensch, zwischen uns und unserem Nächsten. Und doch schwinden zurzeit auch Grenzen, zwischen Maschine und Mensch. Können wir zum Beispiel von Chat GPT verfasste Gedichte mit denen eines Menschen gleichsetzen? Wollen wir sie gleichsetzen?
Hier schüttelt eine sehr heterogene Gruppe von Lyrikerinnen und Lyriker gemeinsam den Kopf über aktuelle Entwicklungen. Es ist eine gnadenlose Abrechnung mit uns selbst, mal lyrisch versteckt, mal prosaisch glasklar: „Wir fangen an, uns für etwas zu halten, das wir nicht sind. Wir werden zu Geschwindigkeits-Fetischisten, zu rasenden Posern.“ (Frank M. Fischer).
Und doch bietet der Band auch Lichtblicke, Ausblicke, Lösungstheorien: In Poesie und bildender Kunst sehe Frank M. Fischer „die Bereitschaft des Menschen, sich auf die fremde Sprache eines anderen Geistes einzulassen“. Also: Die eigene Blase verlassen und eintreten in die des anderen.
So ist der Band ein Spiegel für eigenes Verhalten und Anlass für einen ernsthaften Dialog miteinander. Eine feine und multi-perspektivische Analyse der Entmenschlichung unserer Zeit, die vor allem durch herausragende lyrische sowie prosaische Qualität glänzt.
Äußerst gelungen!

Inga Hagemann, Bonn