Ruhr 2010 - Bericht zu Märchenhaftes auf den Webseiten

Ruhr 2010 - Bericht zu Märchenhaftes auf den Webseiten

Märchenhaftes zwischen Emscher und Ruhr

Buchcover von

Buchcover von "Märchenhaftes zwischen Emscher und Ruhr"

Das Ruhrgebiet ein Märchenland? Kinder und Jugendliche, die in der Metropole Ruhr groß werden, sehen es so. Das zeigt der sechste Band der vielbeachteten Essener Anthologien aus dem Geest-Verlag. Etwa 300 Kinder und Jugendliche haben sich an dem Schreibaufruf beteiligt, unter ihnen viele mit Migrationsgeschichte. Eine Auswahl der interessantesten Texte liegt nun gedruckt vor.

           
Wie sehen junge Menschen ihre Märchenwelt? Für die einen ist sie Teil ihres Lebens, für die anderen etwas, das sie hinter sich gelassen haben. Die einen tauchen in die Märchenwelt ein und fangen an zu erzählen. Die anderen stehen ihr gegenüber und versuchen jenseitig ihren Weg zu finden. Es ist erstaunlich, wie viel Märchenhaftes in jungen Menschen steckt - egal wie ihre Wirklichkeit ist, wie sie geprägt wurden und wie sie zu Märchen stehen.

Ist es nicht unser Märchen,
das uns das Falsche
und das Richtige zeigt?
Ist es nicht unser Märchen,
das uns die Traurigkeit
sowie das Glücklichsein
zu spüren gibt?
Ist es nicht unser Märchen,
das uns an die Armut
und an den Reichtum erinnert?
Ist es nicht unser Märchen,
das uns das Böse
und das Gute
vor Augen stellt?
Cansu Agarmis, 18 Jahre

Die Beiträge in der Anthologie zeigen, dass die Kinder und Jugendlichen in der Metropole Ruhr nicht irgendwelchen Illusionen nachhängen, sie lassen sich aber auch nicht ihre Traumwelt nehmen. Die Welten durchdringen sich, und das führt zu überraschenden Einsichten: Was ist heute tatsächlich märchenhaft? Was ist wirklich wirklich?
Auffällig ist, dass viele Kinder und Jugendliche mit Migrationsgeschichte ein ungebrochenes Verhältnis zu den Märchen haben. Wächst hier eine neue alte Erzähltradition heran? Betont wird immer wieder: Es kommt darauf an, das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen und sich nicht "unterkriegen" zu lassen. Dabei kreisen die Kinder und Jugendlichen um Themen wie Armut, Schicksalsschläge, Konflikte mit Erwachsenen oder die Frage nach Gut und Böse.

Etwa 80 Texte wurden für den Sammelband ausgewählt. In ihren Beiträgen gehen die Kinder und Jugendlichen auf ihre ureigene Art mit dem Genre um: sie erfinden neue Märchen, verändern bekannte Märchen oder lassen Märchenfiguren in ihrem Alltag erscheinen. Entstanden ist ein breit gefächertes Kaleidoskop an Texten, die illustrieren, was Märchen für junge Menschen in der heutigen Zeit bedeuten.

Andreas Klink, Artur Nickel (Hg.)
Märchenhaftes zwischen Emscher und Ruhr. Kinder und Jugendliche erzählen ...
Geest-Verlag
Oktober 2010
S. 388, broschiert, EUR 12,00
ISBN 978-3-86685-261-7