Sigrid Lunghard - Leben will sich neu entfachen
Sigrid Lunghard
Leben will sich neu entfachen
Ist es gestorben, hat sich erzürnt aufgerichtet, Lügen verdichtet, Schlamm geschmissen, sich verrissen, geleugnet, betrogen, verlogene Wahrheit verkündet, nichts ergründet, Augen geschlossen, Tränen vergossen, als gäbe es Trauer um verlorene Zeit.
Ha-ha-ha-ha-ha – das Lachen im Hals steckt fest.
Das Sofa hält mich noch manchmal gefangen, Verlangen nach draußen
besteht nicht
vergeht doch der Tag in Ruhe und Einsamkeit
fast ohne Leid
das Leben zerrupft, in Teile zerlegt, zersägt
Hoffnung schreit es von irgendwoher
steh auf, erheb dich, werde Mensch
Schultern zucken, der Mund lacht, das Herz weint tot schon erstarrt
verharrt auf der Stelle
die letzte Träne gibt ihren Todeslaut in die Welt
von irgendwoher erhellt ein Strahl das Leben
verendet
geblendet
verloren
erfroren
doch neu erwacht
welch Wunder
wie verheißungsvoll
ein Freudentanz
die Arme in der Luft
die Beine schweben
Leben will
Leben will sich
Leben will sich neu
es ist zum Krachen, zum Weinen, zum Schreien, zum Flie-gen, zum Siegen, zum Erbeuten und Häuten
es kann nicht sein
nichts kann sein
nichts
tot war es
will auferstehen, wer, wo, was
Fragezeichen, Fragezeichen, verneigen sich in der Runde
Worte, Worte, Worte
Worte als sicherer Ort
oder als Wunde
quo vadis, wo geht du hin, wo kommst du her
das Leben ist schwer
für manche, für mich
bin dem Dasein erlegen, konnte mich nicht mehr bewegen
nicht lieben, nicht liegen, nur leiden und scheiden
da – ich sehe die Sonne untergehen
ich weiß, morgen wird sie neu entstehen
wieder scheinen
mich mit mir vereinen
das Leben ist da
zum Greifen nah
von den Toten auferstanden
Girlanden in Feuer zünden den Tag mit Helligkeit
Bereit, die Nacht zu verachten
werde leicht, werde ich leicht, ich werde leicht, ich werde, ich werde leicht
fast seicht und zerbrochen, über Wochen in Ecken
verkrochen,
doch jetzt
verletzt, von Wunden immer noch
entstellt und gezeichnet
ein Körper so schön
früher
so lang ist es her
Jahrzehnte und Jahre und Tage
sage mir, du Leben
was willst du mir geben
gabst mir doch alles
was keiner brauchte
doch erkenne ich nun
was ich tun muss
was auf mich wartet
da draußen in der Arena
es tobt und es lobt, die Ersten werden die Letzten sein oder doch anders
nicht nur heute auch morgen
da kommt was um die Ecke gebogen, nicht verlogen,
wahrhaftig
und ohne Gepäck
ich stehe auf Deck
den Tag zu begrüßen
den neu erwachten
das Leben tatsächlich
ich kann es sehen
in jeder Pore ein Lachen
das Leben will sich
es will sich mit aller Kraft
neu entfachen