Und noch ein begeisteter Redakteur zur Premiere der Schreibwerkstatt des Jugendzentrums Nordhorn

Auf der Suche nach Freiheit und dem Ich

Was junge Leute bewegt: Neuer Sammelband aus der Schreibwerkstatt

 
Die jungen Autoren stellten im Jugendzentrum Nordhorn gemeinsam mit ihrem Mentor das neue Buch der Schreibwerkstatt vor.
Denon kompletten Artikel finden Sie hier
 

Wenn junge Leute zu Autoren werden, dann stehen Themen wie Glück, Freiheit oder Lebensfreude im Mittelpunkt. Wer etwas über unsere Jugend erfahren will, der sollte zur neuen Anthologie von Kurztexten aus der Jugendschreibwerkstatt Nordhorn greifen.

Nordhorn. Die neun Autorinnen der Jugendschreibwerkstatt im Jugendzentrum Nordhorn stellten am Dienstagabend ihren zweiten Sammelband vor: „Einer ist immer anders. Neue Texte junger Autorinnen aus Nordhorn“, hrsg. v. Gerhard Butke (2013, Vechta, Geest-Verlag; 215 Seiten; 10 Euro).

Aus der Taufe gehoben vom Initiator und Mentor Butke, sachkundig begleitet und liebevoll aufbereitet vom Verlagsleiter des Geest-Verlags Alfred Büngen, eingesegnet von Vertretern der Stadt Nordhorn, gesponsert von der Grafschafter Volksbank – so erblickte die bemerkenswert reife und erstaunlich vielfältige Textproduktion der Schreibwerkstatt das spärliche Licht eines trüben Novemberabends. Arno Heilgenberg ornamentierte den Abend mit Gitarrenintermezzi.

Wer in Gedicht und Kurzprosa etwas über einen wichtigen Teil unserer Jugend erfahren möchte, ihre Selbstfindungsprozesse, ihre Zerrissenheit, ihre Sehnsüchte, ihre Wertvorstellungen, vielleicht um sich in ihnen zu spiegeln, der greife getrost zu dieser Anthologie.

Julia-Marie Becksvoort, Meike Büscher, Esther und Maren Faulhaber, Michaela Kalbrunner, Marie-Theres Meseck, Louisa Pietruschka, Marie Julie Rahenbrock und Jessica Schoo trugen jeweils zwei Texte vor – oft Gedichte oder zu Zeilen gebrochene Prosa mit Spruchcharakter.

Am Schluss des Buches stellen sich die Autorinnen, sich teilweise mehr ver- als entbergend, selber vor. Da heißt es in einer Stellungnahme, die repräsentativ sein könnte: „Am liebsten schreibe ich über mich, mein Leben und meine persönlichen Erfahrungen mit verschiedenen Dingen und Menschen. Das Verfassen von Gedichten macht mir die meiste Freude; es hat eine gewisse Freiheit, nicht alles in einen Satz fassen zu müssen, sondern auch mal Worte einzeln wirken lassen zu können“ (Meseck).

Die Welt im Ich und durch die Mangel des Ich gedreht, das war Lyrik schon immer, der Ichbezogenheit und Ichsuche des jungen Menschen entgegen kommend. Welche Generation hätte das nicht schon in eigenen Schreibversuchen erfahren? Schade, dass die Lust am Gedicht und mit dem Gedicht zumeist nicht lebenslang anhält.

Die Themen liegen auf der Hand: Suche nach dem Selbst, „Ich habe Heimweh/Nach mir selbst.“ (Rahenbrock), Freiheitsdrang, Einzigartigkeit des Einzelnen (vgl. Titel!), Glückssuche, Lebensfreude, innere Gespaltenheit, Fluss der Zeit, Liebe und Freundschaft, Ehrlichkeit, (Alb-)Traum, Akzeptiertwerden (vgl. E. Faulhaber, Tollwut), Abschiede; aber auch Sprachspiele und die Auseinandersetzung mit dem Werkzeug „Wort“.

Die oft prosaähnliche Lyrik ist dort am besten, wo sie nach dem Prinzip der Aussparung und der Leerstelle arbeitet, und das in lapidarer Kürze.

Dazu zwei Beispiele:

„Abschied // Wir umarmten uns ein letztes Mal. / Dann ging er und ließ mich zurück, / obwohl wir beide hätten gehen können, / aber das wollte er nicht.“ (Rahenbrock).

Und: „Gefüllte Leere // Ein Flur / in dem Flur / ist es still /alles ist leer / nur Jacken, Taschen / und ein Mädchen / das schreibt“ (M. Faulhaber).