Wendelin Mangold: Frecher Dachs (Über die Verschwendung intellektueller Resourcen in der BRD)

Die TAZ berichtete in diesen Tagen über  die verschwendeten Ressourcen der BRD, da sie die Abschlüsse  hochqualifizierter ausländischer Mitbürger nicht anerkennt. Wie es einem Betroffenen dabei geht, beschreibt Wendelin Mangold:

Wendelin Mangold

FRECHER DACHS

         Wie ich mich bei der Uni München beworben habe

1990 nach Deutschland gekommen, hieß es schon im Durchgangslager: Sie sind Professor? Es wäre besser, Sie wären Arbeiter! Ich ans Ministerium für Bildung: Leider können wir Ihre Diplome nicht anerkennen! Ich an die Otto-Benecke-Stiftung: Weiterbildung leider nur bis 35. Ich zum Arbeitsamt: Mit 50 auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar. Ich in den Zug und nach München. Direkt an die Uni. Ohne Termin. Die Augen der Sekretärin immer größer: Sie wollen den Rektor sprechen! Der ist bei einer Sitzung. Wollen Sie warten? Endlich beim Herrn Rektor. Nachdem ich ihm meinen langen Lebenslauf, meine Ausbildung und Tätigkeit in Russland ausgebreitet und gebeichtet habe, dachte ich mir, die nehmen mich, bieten mir die Stelle eines Professors an, dann verdiene ich genug Geld und kann mir eine schöne Wohnung leisten, Frau und Kind aus dem Übergangswohnheim in einem bayrischen Kaff nachholen. Aber nichts dergleichen ist passiert. Der, statt sich zu sagen, ein frecher Dachs, den nehme ich, hörte ich zum ersten Mal den leeren Spruch: Es tut mir leid!