Wendelin Mangold - Trojanisches Pferd (Eine Sonntagslektüre)

TROJANISCHES PFERD

 

Ich ging ziemlich spät zu Bett und hatte danach einen schlechten Traum, wenn nicht gar einen Albtraum. Die Ursachen des Traums, deren waren es hauptsächlich zwei (abgesehen von ein paar anderen Tageseinsprengseln), lagen auf der Hand.

Am Vorabend empfing ich eine Mail mit einer Mahnung, ich hätte bei einer gewissen Firma unlängst was bestellt und bis heute nicht bezahlt, eine beträchtliche Summe von 888,60 Euro. Warum soll ich bezahlen, wenn ich solch eine Firma nicht kenne und bei ihr nie was bestellt habe? Rechnung und Mahnungsschreiben, hieß es, befinde sich im Anhang: „Mahnbrief, zip.“ All das kam mir verdächtig und himmelschreiend frech vor. Geärgert hat das mich wegen Verletzung der Privatsphäre und der Bedrohung. Da habe ich mir gedacht, du googelst mal über diese ominöse Firma. Und was lese ich da? Solche Email-Briefe wurden an Tausende unschuldige Bürger versandt, wohl vom Ausland aus und wohl in der Hoffnung, dass jemand aus nervlicher Schwäche den Anhang doch einmal öffnet, und sie so den Fisch am Haken zappelnd haben.  Somit war ich gewarnt, den Anhang keinesfalls zu öffnen, da sich in ihm ein Trojaner-Virus verberge. Danke, unbekannte Freunde!

Der zweite Grund war der chinesische Spielfilm „Nicht ohne meine Leiche“, von Sat3 in später Stunde ausgestrahlt: „Arbeiter Zhao schleppt seinen toten Kumpel quer durch China. Versprochen ist versprochen: Zhao schultert seinen toten Freund und Kollegen Liu, um ihn in seine Heimat zu bringen. Die liegt jedoch weit entfernt an den Drei Schluchten. Zhao befördert die Leiche per Bus, im Karren, huckepack und einmal sogar im Lkw-Reifen. So eigenwillig wie seine Transportmittel sind auch die Menschen, denen er begegnet. Die tragikomische, auf Tatsachen fußende Story um Freundschaft und Mitmenschlichkeit, ist im besten Sinn ergreifend und erhielt bei der Berlinale einen Preis.“ (dem Internet entnommen).   

Beide Ereignisse, E-Mail und Film, verflochten sich in meinem Traum auf eine unerklärliche Art und Weise und brachten mich in Bedrängnis und Seelennot. Ich versuchte mich zu wehren  gegen die Ungerechtigkeit - immerhin lebe ich in Deutschland und nicht in Russland oder, was noch schlimmer, im heutigen Syrien. Nichts, aber nichts half. Das Aufwachen kurz vor sieben war die einzige Rettung. Was war ich froh über meine Erlösung!