Weserkurier berichtet über die begeisternden Lesungen mit Hannelore Hoger

Schwarzer Humor mit Hoger
Bekannte Schauspielerin als Vorleserin in
Schule und Kirche gefeiert

Von
hannelore johannesdotter Berne. "Das
hat sich gelohnt", waren sich die Besucher der Lesung von Hannelore
Hoger einig. Die bekannte Schauspielerin las im Rahmen der Bücherwochen
am Sonntag zweimal in Berne: am späten Vormittag in der Mensa des
Schulzentrums, am frühen Abend in der Warflether Kirche. Ihrem Vortrag
zuzuhören, ihre rauchige Stimme zu hören, war Freude und Anregung.
Für ihre Lesung im Schulzentrum hatte die 67-Jährige Geschichten des
Genres Schwarzer Humor mitgebracht: "Der Weg zum Himmel" von Roald
Dahl, und "Der Schneckenforscher" aus der Feder der Krimiautorin
Patricia Highsmith.
Roald Dahl ist ein Meister des britischen
Schwarzen Humors. Seine Geschichten entwickeln sich. Der Leser oder wie
in diesem Fall, der Zuhörer, muss aufpassen und mitdenken, um aus dem
Gespinst der Erzählung, also zwischen den Zeilen, die Kumulation einer
Zweierbeziehung nachzuvollziehen - hier die einer Frau, die sich von
den kleinen Bosheiten ihres Mannes befreit - aus der sich am Schluss
die Lösung wie zwangsläufig ergibt.
Ganz anders, jedoch nicht
weniger skurril und Schauer über den Rücken treibend, war "Der
Schneckenforscher". Wer Patricia Highsmith zumeist als Krimiautorin mit
ganz eigener Handschrift kennt, erlebte sie hier als Beobachterin einer
psychologisch höchst tiefgründigen Szenerie, die - zum Glück, möchte
man sagen - nur dem Bereich der Phantasie zuzuordnen ist. Protagonist
ist der Schneckenforscher Peter Knoppert, der, fasziniert von den
Weichtieren und ihrer sexuellen Aktivität in ihrer grenzenlosen
Nachkommenschaft untergeht.
Highsmith führt die Vermehrung ganzer
Armeen von glitschigen Schnecken in Knopperts Haus so genüsslich aus,
und Hannelore Hoger wusste die treffsicheren Schilderungen ebenso
genüsslich vorzutragen, dass - bei jedem Verständnis für die Schönheit
der Natur - sich nicht wenige Zuhörer schüttelten. Lesen und Zuhören
ist doch, das bestätigte sich hier eindrücklich, wie Kino im Kopf. Die
Bilder, die eine kunstvolle Beschreibung dort erzeugt, stehen der
Realität in nichts nach.
Sie hätte gerne vor Schülern gelesen,
erklärte Hannelore Hoger, und bedauerte, dass nur so wenige anwesend
waren. Gerade einmal drei Kinder und ihre Eltern besuchten die Lesung,
die - von den Bücherwochen spendiert - für Schüler mit Eltern sogar
kostenfrei war. Dafür nutzten rund 30 zahlende Gäste, die für die
ausverkaufte zweite Lesung in der Kirche keine Karten mehr bekommen
hatten, die Gelegenheit, Hannelore Hoger zu hören und sie zu feiern.
Auf Lesereisen gehe sie nicht, berichtete die Hamburgerin. Nach Berne
sei sie von Reinhard Rakow eingeladen worden, der sich auch gewünscht
hatte, dass sie in Warfleth aus Anna Seghers Buch "Jans muss sterben"
vorlesen möge. Es passe gut zum Volkstrauertag. "Das ist doch etwas
ganz anderes als die kleinen Geschichten jetzt am Vormittag", erklärte
sie zwei Besuchern aus Oldenburg, denen sie empfahl, sich für die
abendliche Lesung noch zwei Stühle in die Kirche stellen zu lassen.
Im Übrigen hatte Hannelore Hoger Verständnis dafür, dass sie am
Sonntagvormittag kaum einen Schüler zum Kommen reizen konnte. Sie hätte
sich gewünscht, während der Schulzeit zu lesen, und hätte dann auch
gezielt Lektüre für die jeweilige Altersgruppe ausgewählt. Die beiden
Geschichten, die sie in der Mensa vorlas, wären, das war ihr klar, nur
von älteren Kindern verstanden worden.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Die Norddeutsche WEM
Seite: 6 Datum: 16.11.2009