„Es war die Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts und sie wäre vermeidbar gewesen“, glaubt Oskar Ansull. Dass dieser Krieg nicht vermieden wurde, so legte es seine Textauswahl nahe, lag nicht nur an der Kriegsbegeisterung des Kaisers und der politischen Führung. Unterstützt wurde sie demnach durch Zeitungen, die pazifistische Positionen nicht zu Wort kommen ließen, und durch Verlage, die Kriegsnovellen und Husarenstücke massenweise herausbrachten. Aber auch durch die Verfolgung Andersdenkender und durch eine SPD, die statt zusammen mit den Genossen in Frankreich oder Skandinavien zum Generalstreik aufzurufen, lieber an das Nationalgefühl ihrer vier Millionen Mitglieder appelliert haben soll und sie in den Krieg ziehen ließ.
Die Autoren der von Ansull rezitierten Texte haben all das geahnt, beobachtet und kritisiert, es in Tagebüchern, Reden und in der Zeitschrift „Die Aktion“ veröffentlicht, die für eine undogmatische linke Politik stand, aber nur in wenigen Hundert Exemplaren erschien. Erich Mühsam und Alfred Lichtenstein kritisierten darin zum Beispiel die Technisierung des Krieges.
Karl Liebknecht ging den Stahlriesen Krupp an, der seiner Ansicht nach Millionen damit verdient haben soll, dass er Freund und Feind mit Rüstungsgütern belieferte und sich damit die Verurteilung zu einer Festungshaft einhandelte. Der Schüler von Erich Fromm bekannte, dass ihn erst sein Englischlehrer mit dem Satz, „macht euch nichts vor, bis jetzt hat England noch keinen Krieg verloren“, aus seiner Kriegsbegeisterung gerissen habe.
Anders als Heinrich Mann oder Rosa Luxemburg sind viele der Autoren, dessen „dichterische Momentaufnahmen aus dem ersten teutonischen Krieg“ Ansull vorstellte, heute beinahe unbekannt. Manche von ihnen kehrten wie allein schon etwa zwei Millionen deutsche Soldaten nie von der Front nach Hause zurück.
Zu den von Ansull zitierten Autoren, die den Ersten Weltkrieg überlebt haben, zählt der Philosoph und Publizist Theodor Lessing, der sich freiwillig zum militärärztlichen Dienst meldete, um dem Kampfeinsatz an der Front zu entgehen. In seinen Texten hatte er sich schon früh gegen die kruden Theorien gewandt, in denen selbst Erdmagnetismus oder Sternenkonstellation herangezogen wurden, um die Gesetzmäßigkeit und Unvermeidbarkeit von Kriegen zu begründen.
„Wollt ihr Krieg, dann ist Krieg. Wollt ihr nicht, ist nicht Krieg“, klärte Lessing seine Leser auf. Mit Lesungen wie in Berne trägt Oskar Ansull dazu bei, dass politische Schriftsteller wie Theodor Lessing (1872 bis 1933) auch 80 Jahre nach ihrem Tod nicht in Vergessenheit geraten.