Zu Weihnachten ganz viel Hoffnung: Text 1: Julia Litau - Die weiße Feder

Die weiße Feder

Es war ein kalter und grauer Tag. Wie immer saß er auf der Bank und lauschte dem Regen. Nass zu werden, machte ihm schon lange nichts mehr aus. Zu lange war es her, dass er das letzte Mal etwas gefühlt hatte. Helle und unbeschwerte Tage gab es nur noch in seiner Erinnerung. Er wusste selber nicht genau, wie sich alles um ihn herum verändert hatte oder wie lange er schon hier saß. Das Einzige, was er wollte, war Freiheit. Frei sein von seiner Arbeit, die er verabscheute, frei sein von seinen falschen Freunden, frei sein von sich selbst.
Plötzlich wurde es heller und er sah eine kleine weiße Feder vor sich in der Luft schweben. Und in seinem Kopf kamen lange verdrängte Erinne-rungen hoch: Damals, als er noch alles vor sich hatte. Alles war so leicht und unbeschwert. So wie diese Feder. Er wünschte sich die alte Zeit zurück. Wie konnte es nur so weit kommen?
Dann traf er eine Entscheidung. Gleich morgen würde er kündigen und den Kontakt zu seinen ‚Freunden‘ abbrechen. Vielleicht sogar in eine andere Stadt ziehen. Ein Neuanfang. Ein helles Licht riss ihn aus seinen Gedanken. Die Sonne strahlte, und seine Umgebung leuchtete in bunten Farben. Er hob die Feder, die ihm seine Hoffnung zurückgebracht hatte, auf und machte sich auf den Weg nach Hause.

Julia Litau (17 Jahre)