"Zwischen meinen Stühlen" - Wie Jugendliche aus dem Ruhrgebiet sich und ihre Welt sehen - 20. Essener Anthologie - Hg.: Artur Nickel


 


Geleitwort

Liebe Leser und Leserinnen!

Es gibt einen Ort, an den wir alle zurückkehren, wenn die Welt zu laut wird – für mich ist dieser Ort das Schreiben. Als ich mit 11 Jahren meine ersten Worte für die Essener Anthologien schrieb, wurde das Schreiben mehr als nur ein Projekt. Über fast ein Jahrzehnt hinweg prägten diese Bücher meine Entwicklung. Jetzt, mit 23, blicke ich auf eine lange Reise zurück, in der das Schreiben für mich zu einem Ventil wurde, mich selbst zu finden, die Welt um mich herum zu begreifen und gleichzeitig anderen zu zeigen, wer ich bin.

Warum schreiben Menschen? Warum greifen wir zu Stift und Papier oder zur Tastatur, selbst wenn es manchmal schwerfällt, die richtigen Worte zu finden? Vielleicht, weil das Schreiben uns die Möglichkeit gibt, das Unsichtbare sichtbar zu machen, das Unausgesprochene hörbar. Es bietet eine Zuflucht, einen sicheren Raum, in dem wir unsere tiefs-ten Gedanken ordnen und erforschen können. Mit den Anthologien fanden Gedanken und Worte, die sonst nur in meinem Kopf kreisten, einen Platz auf gedruckten Seiten – und dieser Platz war nicht nur für mich. Das, was mich be-wegt, berührte auch andere. Ich weiß, dass dieses Gefühl auch viele der Jugendlichen hier teilen: die Kraft ihrer eige-nen Worte zu entdecken und sie mutig mit der Welt zu teilen. Denn das Schreiben ist nicht nur eine einsame Reise. Es schafft Verbindungen. Jede Geschichte, jedes Gedicht, steht für sich, und

doch sind sie alle Teil eines größeren Ganzen. Ein Mosaik das zeigt, wie Menschen trotz ihrer Unterschiede gemeinsam etwas erschaffen. In diesem Band wird das Thema „Zwischen meinen Stühlen“ aufgegriffen, sei es in persönlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Fragen. Dieses Gefühl bedeutet nicht nur Unsicherheit, sondern auch Wachstum und neue Perspektiven.

Auch ich habe lange zwischen Stühlen gesessen, aufgewachsen zwischen zwei Kulturen, unsicher wo ich hingehöre. Das Schreiben bot mir einen Raum, meine eigene Identität zu formen und eigene Welten erschaffen zu können. Ich bin unendlich dankbar, dass diese Anthologien Kindern und Jugendlichen eine Bühne geben- eine Möglichkeit, ihre Gedanken und Geschichten laut werden zu lassen. In einer Zeit, in der man oft das Gefühl hat, übersehen zu werden, schenkt dieses Buchprojekt die Chance, gesehen und verstanden zu werden. Es hat mir geholfen, meine Stimme nicht nur auf den Seiten, sondern auch im Leben zu finden, um etwas in der Welt zu bewegen. Die jungen Autoren und Autorinnen in diesem Band bringen nicht nur ihre eigenen Geschichten, Ängste und Hoffnungen zum Ausdruck, sondern auch die unserer Zeit- einer Zeit voller Herausforderungen, aber auch voller Hoffnung. Lassen Sie sich berühren und inspirieren- denn diese Stimmen sind stark, und sie haben etwas zu sagen!

Heute studiere ich im Master Klinische Psychologie und lerne dabei viel über das Erleben und Fühlen von Menschen. Das Schreiben begleitet mich weiterhin, ich schreibe in verschiedenen Sprachen, die jeweils eigene Welten eröffnen. Es hilft mir, Emotionen auf eine besondere Weise zu erfassen und durch Worte zu träumen.

Eda Muslubas