Emely Lena - Mein Leben werde ich packen (Jugendliche melden sich zu Wort am 16. April 2010)

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Mein Leben werde ich packen

Mein Weg war ein schwieriger Weg. Ein Weg ins Unglück, könnte ich
behaupten. Manchmal habe ich das Gefühl, dass meine Geburt der Fehler
meines Lebens war. Ich war ein sehr schüchternes kleines Mädchen, nicht
mal mit meinen Großeltern wollte ich reden. Ich bin un-ter Jungs
aufgewachsen und hatte nie den Mut, mich mit einem Mädchen
anzufreunden. Ich bin mit meinen Eltern und meinen beiden großen
Brüdern in Essen aufgewachsen. Meine Brüder sind echt die Tollsten,
auch wenn wir uns oft streiten. Sie waren immer für mich da und ha-ben
mich beschützt. Dafür sind sie schließlich da. Kurz bevor ich in die
Schule kam, musste ich eine Ergotherapie machen gegen meine
Schüchternheit.
Damals hat noch niemand geahnt, was für ein Mensch eigentlich in mir
steckt. Immer mehr hat sich gezeigt, wie stur, abgedreht und ag-gressiv
ich war. Noch war es halb so schlimm. Oft waren wir in Holland auf dem
Camping-platz, meinem liebsten Ort auf der ganzen Welt. Dort konnte ich
sein, was ich wirklich bin. Dort hatte ich null Sorgen. Dort, und nur
dort, konnte ich wunschlos glücklich sein. Und nie-mals hätte ich
gedacht, dass es mal enden musste. Meine Eltern trennten sich, was mich
nicht im Geringsten interessiert hat. Ich hab es nicht verstanden, man
hat es mir nie erklärt, und ich war nicht traurig darüber. Den Grund
kenn ich bis heute noch nicht.
Ich weiß nur, dass mein Vater arbeitslos wur-de. Und das wurde für mich
zur absoluten Höl-lenqual! Er konnte die Kosten für das Camping nicht
mehr bezahlen, wir mussten gehen. Für mich zerbrach die ganze Welt,
mein Leben schien mir soooo sinnlos. Ich wusste, alle mei-ne Freunde,
die für mich eine Familie waren, würde ich nie wieder sehen, und
darunter mei-nen allerbesten Freund. Den besten und tolls-ten, den ich
jemals hatte.
So wurde mir auch diese blöde Therapie zum Verhängnis. Ich wurde zu
einem echten Sor-genkind. Immer war ich das schwarze Schaf in der
Familie. Jemand reizte mich, und ich ging sofort in die Luft wie eine
Rakete. Habe kleine-re Kinder geschlagen und musste einfach im-mer
irgendwo draufhauen. Immer habe ich Streit gesucht, und wie ich geredet
habe, war echt fürchterlich.
Dann bin ich an neue Leute geraten, die mich total verändert haben.
Mein ganzes Leben ha-ben sie auf den Kopf gestellt, und ich hatte
wieder dieses Glücksgefühl. Das von früher. Dieser Spaß und diese neuen
Erfahrungen. Das Erwachsenwerden. Diese Zeit ist aber leider auch schon
wieder vorbei. Ich hatte oft viel Streit mit meiner Mutter, weil sie
mich einfach nicht verstand. Das kann niemand, und das nehme ich auch
niemandem übel.
Jetzt bin ich vierzehn, das ist echt ein schwieri-ges Alter. Die
typischen Probleme. Ich bin nicht glücklich mit meinem Leben, wie es
gelaufen ist, aber auch nicht unglücklich. Ich bin trotz allem froh,
wie es jetzt ist. Mein Leben werde ich packen, ich kann schon locker
auf eigenen Beinen stehen. Das habe ich schon als ganz kleines Kind
gelernt. Und ich weiß nicht, ob man es sieht, noch bis heute, diese
Leere in meinen Augen.

Emely Lena ( Pseudonym; 14 Jahre )

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