Monika Detering schreibt zu 'Goldbroiler' von J. Monika Walther

Monika Detering schreibt zu 'Goldbroiler' von J. Monika Walther:

“Wie kann der Mensch leben ...?", fragt sie noch einmal.
"Kann er nicht", sagt die Köchin. "Sie werden dich nicht am Leben lassen. Und mir wird es das Herz zerreißen."
Letzte Sätze aus J.Monika Walthers: GOLDBROILER. Und ich war traurig, als dieses Buch zu Ende, in dem kein Wort zuviel war. In dem Ida nach der Wende in Warnemünde Illusionen sucht, da, wo es keine gibt, wo Menschen geschmuggelt werden, ein alter reicher Nazi Ida, die noch übende Privatdetektivin, engagiert. Ein Tote im Kahn auf dem Wasser treibt. Wo Westen nach Osten kommt, und Osten nach Westen. Ohne Effekthascherei erzählt die Autorin über diesen Umbruch, der die kleinen Geschäftsleute, die Polizisten, die Abgeschobenen und Fischer, die freundlichen Menschenhändler Täter und Opfer zugleich sind. Den Menschen an der Ostseeküste ins Herz auf genau auf den Mund geschaut.
Hinter messerscharf geschliffenen Sätzen steht eine kalte Wut und treibt den Lesenden voran. Fantastisch!
Monika Detering, Autorin, Kriminalromane

 



J. Monika Walther
Goldbroiler
oder die Beschreibung einer Schlacht

Eine KriminalGeschichte
Geest-Verlag 2009
978-3-86685-208-2
12 Euro

 

Die Ostseeküste nach der Wende. Warnemünde und Rostock. Was wäre der
Westen ohne den Osten? fragt Ida Waschinsky ihren Vater, einen
abgewickelten Mathematikprofessor, Ausgabe Ost. Voller Illusionen über
den Sozialismus, antwortet er. Ida widerspricht: Falsch. Ohne
Absatzmärkte. Und umgekehrt: Was wäre der Osten ohne die alte
Bundesrepublik? Voller Illusionen!
Die neue Zeit, den Umbruch haben sich Fischer und Geschäftsleute,
Polizisten und Regimeopfer nicht als einen Krieg ohne Überlebenschancen
vorgestellt. Die tote Frau auf einem alten Kahn, Schmuggel von Menschen
und Waren interessieren den aus St. Pauli strafversetzten Polizisten
Brinkmöller nur als Möglichkeit, zu viel Geld zu kommen. Ein alter Mann
aus dem Westen kauft sich Menschen, die für ihn erpressen, Schutzgelder
eintreiben und braune Schlägerbanden aufstellen, ein alter Mann aus dem
Osten mit Nazivergangenheit engagiert die Privatdetektivin Ida
Waschinsky, um seine gestohlenen Pistolen wieder zu beschaffen. Und 
Röwer, ein beiseite geschobener Kommissar, beobachtet die neuen Zeiten,
den Krieg an der Ostseeküste und tut seine Pflicht. Den Umbruch
überleben und auf die Beine kommen, das wollen alle, aber was sie
erleben, ist eine Schlacht, bei der Sieger und Verlierer nicht genau zu
definieren sind. Nur die Toten haben ihre Ruhe. Und die Erzählerin
betrinkt sich.