Lea Zittlau - Der Schutzzwerg (Kinder und Jugendliche melden sich zu Wort)

Hördatei: 

 

Der Schutzzwerg

Es waren einmal drei Mädchen. Sie hießen Alicia, Lea und Malin. Eines Tages gingen sie an der Ruhr spazieren. Auf einmal fiel etwas von einem der Bäume, die dort aufgereiht standen. Das Etwas landete direkt auf Malins Kopf. „Aua!“, schrie sie. „Was ist los?“, fragten Alicia und Lea wie aus einem Mund. Erst dann sahen sie das kleine Männchen, das mittlerweile vor Malins Füßen lag. „Was ist denn das?“, fragte Alicia. „Ist das Teil etwa gerade von einem Baum gefallen?“ „Ich bin kein Teil“, em-pörte sich das Männchen. „Wenn ich mich vorstel-len darf? Ich heiße Jonah und bin ein kleiner Schutzzwerg.“ Lea sah Jonah verdutzt an. „Ein Schutzzwerg? Was ist denn das?“, fragte sie. „Ein Schutzzwerg ist so etwas Ähnliches wie ein Schutzengel“, erklärte Jonah. Lea verstand immer noch nicht richtig, was ein Schutzzwerg war. Da fragte Malin: „Was machst du eigentlich hier?“ Mühsam und noch etwas wackelig auf den Beinen, rappelte sich das kleine Wesen auf, straffte den Rücken und begann zu erklären: „Ich suche meine Schutzkraft. Ich habe sie irgendwo verloren und finde sie nicht wieder. Jetzt kann ich niemanden mehr beschützen.“ Der kleine Mann sah plötzlich ganz traurig aus, und ihm standen die Tränen in den Augen. „Können wir dir irgendwie helfen?“, fragte Alicia. Jonah antwortete mit verzweifelter Stimme: „Ihr könntet mir vielleicht beim Suchen helfen. Ich bin so klein, dass ich meine Schutzkraft alleine nicht wiederfinden kann.“ „Das machen wir“, sagten Alicia, Lea und Malin im Chor. Sofort sah der kleine Schutzzwerg wieder viel glücklicher aus. Und so machten sie sich auf den Weg und suchten das Ge-biet zwischen Ruhr und Emscher ab.
Um sich einen besseren Überblick zu verschaffen, bestiegen die vier den Tetraeder bei Bottrop. Trotz der überwältigenden Aussicht fanden sie nichts. Nur das hektische Treiben rund um die Skihalle und die rauchenden Schlote bei der Zeche Prosper und der angrenzenden Kokerei erweckten ihre Aufmerk-samkeit. „Wie sieht diese Schutzkraft eigentlich aus?“, fragte Alicia, nachdem sie die 387 Stufen des beeindruckenden Bauwerks wieder hinabge-stiegen waren. Ratlos zuckte Jonah mit den Schul-tern. „Keine Ahnung“, jammerte er. Plötzlich sprang ein Hund aus dem Gebüsch und stürzte auf die vier zu. „Weg hier!“, rief Lea voller Panik. Sie rannten davon. Doch plötzlich stolperte Malin über eine Wurzel und fiel hin. Der Hund kam immer näher. „Hilfe! Ich kann nicht aufstehen!“, schluchzte sie. Sofort eilte Jonah zu ihr, um ihr zu helfen. Es ge-lang ihm nicht. Malin konnte wirklich nicht aufstehen. Ihr rechter Knöchel tat zu sehr weh. Jetzt war der Hund schon ganz nah bei ihnen. Auf einmal stoppte er ruckartig, weil sich der kleine Schutzzwerg mutig vor ihm aufgebaut hatte. Das Tier kroch winselnd zurück in das Gebüsch, aus dem es vorher so plötzlich aufgetaucht war.
Lea konnte kaum glauben, was sie sah. Nun verstand sie, was ein Schutzzwerg war. Lange konnte sie darüber aber nicht nachdenken. „Ich habe meine Schutzkraft wieder! Ich hatte sie nie wirklich verloren. Meine Schutzkraft ist mein Mut. Ich brauche nur eine gefährliche Situation, um sie zu zeigen!“, rief Jonah aufgeregt. Er jubelte vor Freude und sah richtig glücklich aus. Jonah bedank-te sich bei Alicia, Lea und Malin für die gute Absicht. „Keine Ursache“, sagte Alicia. Die vier trennten sich voneinander. Jonah ging nach rechts auf der Suche nach neuen Heldentaten. Die drei Mädchen gingen nach links, sie standen noch unter dem Eindruck von dem, was sie gerade erlebt hatten. Ihnen allen war eines gemeinsam. Sie waren glücklich!
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann erinnern sie sich noch heute gerne an ihre Begegnung mit dem Schutzzwerg.

Lea Zittlau ( 11 Jahre )