Heute zweiter Schreibtag des Schreib- und Buchprojekts der 4. Klassen der Grundschule Ganspe

Geradezu umwerfend waren die Kinder der vierten Klassen der Grundschule Ganspe am gestrigen ersten Schreibtag. Jeder von ihnen nahm einen Ort ein, der ihm sehr wichtig in Ganspe ganz wichtig ist, und schreibe aus seiner Perspektive, was er in der Zaubernacht sagen wird. Inglaublich welche Fanztasie aber auch welche sprachliche Leistung die Kinder den ganzen Vormittag boten.

Heute geht es von 8.00 bis 13.00 Uhr am zweiten Schreibtag unter Leitung von Verlagsleiter Alfred Büngen weiter.

 

Verraten ist aber schon einmal der Anfang der Geschichte.

 

Der Beginn

Wabbeliger Nebel lag über den Weiden der Wesermarsch an diesem frühen Morgen. Nur vereinzelt fand ein Sonnenstrahl den Weg durch die milchige Masse. Eine Gestalt mit einer seltsam spitzen Mütze setzte müde Schritt vor Schritt durch das feuchte Gras. Warum er nicht auf dem Gansper Helmer nach Ganspe ging, sondern sich mühevoll den Weg quer über die Weiden bahnte, das verstand auch sein vierbeiniger Begleiter nicht.
„Mau“, gab der jetzt einen ärgerlichen Ton von sich. Und nach einer Weile noch einmal, aber nun schon viel ärgerlicher: „MMMau.“ Zauberer Waber Begamotz überhörte das ärgerliche Mauen seines Katers und schleppte sich Schritt für Schritt weiter.
Nun wurde es Rüppelkopp, so der Name des Katers, dessen struppig rotes Fell vom feuchten Gras schon völlig durchnässt war, offensichtlich zu viel. „Mmmmmmau, Begamotz, jetzt reicht es mir aber! Schon seit Stunden rennen wir hier über die Weiden. Und das Einzige, was wir ab und zu treffen, ist so ein seltsames Rindviech, das mich meint, mich auch noch beschnuppern zu müssen. Einfach widerlich! Was hast du eigentlich vor, dass du uns in diese verlassene Gegend an der Weser schleppst?“
Waber Begamotz überhörte das Gemautze seines Katers und ging einfach weiter. Rüppelkopp blieb wütend auf seinen Hinterpfoten hocken und rührte sich keinen Schritt mehr von der Stelle. Als Begamotz nach einiger Zeit das Fehlen seines Begleiters gemerkt hatte, drehte er sich um und rief ihm zu: „Nun komm schon!“
Doch Rüppelkopp wendete seinen Kopf beleidigt zur Seite.
„Na gut! Machen wir eine Pause!“
„Und du erzählst mir dann, was wir hier machen!“
„Ja, ist schon gut, du alter halsstarriger Kater“, lächelte Begamotz, der wusste, dass sein treuer Begleiter sonst ohnehin keine Ruhe geben würde.
Sie setzten sich auf eine Holzbank an einen Kanal, der hier die Weiden durchzog. Begamotz öffnete seinen Reisesack und entnahm ihm etwas zu trinken und ein Butterbrot mit dicken Wurstscheiben. Rüppelkopp schaut ihn so mitfühlend an, dass er ihm  erst mal eine der Wurstscheiben zu fressen gab.
Nachdem sich beide satt gegessen und auch etwas getrunken hatten, hob Begamotz mit der Erzählung an, was sie denn hier überhaupt machen würden.
„Weißt du, Rüppelkopp, vor fast genau 300 Jahren bin ich das letzte Mal in Ganspe gewesen. Damals gab es hier nur ganz wenige Häuser und alles sah ganz anders aus. Ich habe hier viele viele Jahre gewohnt in einem wunderschönen kleinen alten Haus mit Strohdach, habe Kräuter gesammelt und für die Menschen Heilsäfte gebraut. Ich habe gedacht, ich würde immer hier leben bleiben, in Frieden mit allen Menschen, allen Bauern und Händlern. Es gab auch eine junge Magd, die ich sehr lieb hatte. Sie sollte eines Tages meine Braut werden. Auch sie hatte mich sehr lieb. Doch der Sohn eines großen Bauern, dem hier viele Felder und Weiden gehörten, hatte auch ein Auge auf die Magd geworfen. Als er merkte, dass die Magd aber mich liebte, ver¬suchte er, mich in Ungnade zu bringen. Er setzte das Gerücht in Umlauf, dass ich mich heimlich mit Hexen treffen würde und gefährliche Zaubersäfte brauen würde. Und zudem sei ich schon längst mit einer Oberhexe verheiratet. Leider glaubten ihm die Menschen diese Geschichte, auch meine liebe Magd. Und eines Tages rotteten sie sich zusammen und vertrieben mich von hier. Sie zündeten mein Haus an, vernich¬teten alle meine Heilkräuter und drohten sogar, mich umzubringen.
Ich hätte genug Macht gehabt, sie alle zu kleinen Fröschen zu verzaubern oder Schafe aus ihnen zu machen. Doch das wollte ich meiner Magd nicht antun, die ich noch immer sehr lieb gehabt habe, obwohl sie den Bauernsohn eines Tages geheiratet hat.“
Von allen Erinnerungen übermannt, musste Waber Begamotz sogar weinen. Um-ständlich holte er sein Riesentaschentuch aus seinem Zauberumhang und wischte sich die Tränen fort.
„Jetzt, nach vielen Jahren, wollte ich sehen, was aus meinem Ort Ganspe geworden ist. Wie sind die Menschen hier heute und wie leben sie? Lange habe ich überlegt, wie ich das am besten hinbekomme. Dann habe ich die Lösung ‚erlauscht‘.
Ich bin vor einigen Wochen an der hiesigen Schule vorbeigekommen. Da saßen alle Kinder der vierten Klassen zusammen und haben überlegt, welches Haus oder wel¬cher Ort für sie hier in Ganspe am wichtigsten ist. Und da kam mir die Idee.
Ich habe alle Orte und Häuser, die für sie wichtig sind, für den heutigen Abend auf den alten Zauberplatz eingeladen. Natürlich auch alle Kinder. Alle Orte und Gebäu¬de dürfen für die eine Nacht lebendig werden. Und alle müssen mir erzählen, warum sie die wichtigsten Orte für die Gemeinde Ganspe sind, vor allem auch, warum sie als Ort für die Kinder so wichtig sind. Und ich werde am Ende mit den Kindern gemeinsam überlegen, welcher Ort denn wirklich der wichtigste Ort ist.
Alle Orte, Plätze und Gebäude müssen uns an diesem Abend erzählen, wie sie aus-sehen, wo sie genau liegen, müssen über ihre Geschichte erzählen. Und sie müssen uns auch Geschichten erzählen von dem, was in oder auf ihnen passiert ist. Vielleicht gibt es dabei ganz besondere Geschichten, die sie uns zu erzählen wissen.
Und sie sollen mir ein Geschenk mitbringen, das mich davon überzeugt, dass sie ein ganz besonderer Ort sind.“
„Das hört sich aber spannend an“, maute Rüppelkopp. „Darf ich auch mit entscheiden?“
„Aber klar doch“, antwortete Waber Begamotz. „Du bist ja schließlich mein wichtigster Berater in all den Jahren gewesen. Da ist mir dein Wort schon sehr bedeutend.“

Den Rest des Tages verbrachten Begamotz und Rüppelkopp am Strand der Weser und erholten sich von ihrer langen Wanderung. Als es Abend wurde, bereiteten sie das große Treffen der wichtigsten Orte vor. Zuerst zauberte Begamotz einen großen Berg Holz herbei, für einen Zauberer natürlich eine Kleinigkeit. Mit seinem Zauberstab setzte er dann, als der Mond am Himmel zu sehen war und die Kirchenglocke zwölf Mal zu schlagen begann, den Holzstapel in Brand. Zwischendurch hatte er für alle Kinder schon Essen und Getränke herbeigezaubert. Lauter Köstlichkeiten, die sie sich schmecken lassen sollten.
Und da kamen sie auch schon alle aus ihren Häusern, Lino, Maximilian, Jasmin, Rieke, Jananina, Hannes, Carlos, Niklas, Dawid, Markus, Franka, Kaja, Matthis, Kjell Maurice, Lea, Zoe, Anouh, Maja, Claas, Julien, Elias, Tim, Lukas, Jordis, Dennis, Darvin und … Ja, wo war denn Steven geblieben? Er hatte wohl verschlafen. Begamotz bemühte noch einmal seinen Zauberstab, setzte einen nassen Schwamm in Bewegung, der Steven recht unsanft weckte. Aber jetzt flitzte auch er zum Strand am Deich, auf dem das Lagerfeuer schon lichterloh brannte.
Der Wettkampf der Orte konnte beginnen