Die Frankfurter Neue Presse schreibt zum Tode von Joachim Schlichte

Der Pöt von Rendel ist gestorben

Von Anne-Rose Dostalek 68 Jahre alt wurde Joachim Schlichte-Bierbaum, Lyriker, Musikwissenschaftler und Rendeler Bürger aus Leidenschaft. Er starb zu Beginn dieser Woche nach kurzer, schwerer Krankheit. So bleibt Joachim Schlichte-Bierbaum in Erinnerung: nachdenklich, aber mit verschmitzter Miene, in literarische Gedanken vertieft. Archivfoto: ado So bleibt Joachim Schlichte-Bierbaum in Erinnerung: nachdenklich, aber mit verschmitzter Miene, in literarische Gedanken vertieft. Archivfoto: ado


Karben. 

Gerade einmal acht Wochen ist es her, da hat er seinen siebenten Gedichtband, „die liebe des bibliothekars“, der Öffentlichkeit vorgestellt. In Rendel, in seinem Lieblingslokal, der Vinothek „Die Scheune“, unterstützt von seinem Lyrik-Verleger Alfred Büngen und musikalisch begleitet von Nicole Piesch auf der Ukulele. Ein Lesefest, das er genossen hat.

Seine Pläne für weitere Gedichtbände und die Idee, zusammen mit dem Karbener Morlant-Verlag eine kritische Literaturzeitschrift und ein weiteres Heimatbuch heraus zu bringen, bleiben unvollendet. An Schaffenskraft und Lebenslust hat es dem Lyriker nicht gemangelt. Auch an augenzwinkerndem Humor nicht. Sein Markenzeichen war ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „Der Pöt von Rendel“. Schlichte liebte es, seine Gedichte vorzutragen, seine Gedanken über die Menschen, Begegnungen und eine Welt, die ihm zunehmend Kopfschmerzen bereitete.

Humor mit Widerhaken

Pointiert und nuanciert zerlegte er Wörter und Zusammenhänge, setzte Widerhaken, machte es den Zuhörern und Lesern nie einfach. Sein Credo: „Der Mensch muss nachdenken.“ Auf seine Worte, seinen Humor und seine Zuneigung für die Menschen um ihn werden Freunde und Mitbürger nun verzichten müssen. „Er hatte ein zweites Rendel-Buch im Sinn“, sagt Walter Sülberg vom Morlant-Verlag und bedauert den Verlust seines Freundes und Autoren. Bestürzt über den Tod seines Autoren äußert sich auch Verleger Alfred Büngen in Vechta. Im Geest-Verlag hat Schlichte 2010 seinen ersten Lyrik-Band „auch elefanten weinen“ veröffentlicht. „Als Mensch und Autor begeisterte er, eckte an, mahnte, verlor aber nie sein Lachen, auch wenn es gelegentlich das clowneske Lachen des Clowns in dieser Gesellschaft gewesen ist“, heißt es vom Verleger. Schlichte-Bierbaum war als Autor viel zu Lesungen im norddeutschen Raum unterwegs. Der geborene Lübecker hielt sich gerne in seiner Heimat auf mit dem hohen Himmel, den Wäldern und Seen rund um Ratzeburg.

Liebeserklärung an Rendel

Schlichte-Bierbaum studierte Musikwissenschaften, arbeitete nach seiner Promotion für die Deutsche Forschungsgemeinschaft an einem Quellenlexikon der Musik. Später zog er sich zurück, um sich um die Familie mit zwei Söhnen zu kümmern. Einige Zeit führte der Pöt einen eigenen kleinen musikwissenschaftlichen Verlag.

In Rendel engagierte er sich lokalpolitisch und als Mitglied der SPD. Diese Ebene hat er wieder verlassen, aber die Zuneigung zu den Menschen ist geblieben. Ein Zeugnis davon ist das Heimatbuch „Mein Rendel“, das er als „Liebeserklärung an ein hessisches Dorf“ mit Ehrhard Menzel und Dieter Wierz herausgab.