Küchentisch
Emma Lüers

Die Frühstücksflocken sagen, ich bin besonders. Ich erwische den Packungslöwen dabei, mir zuzwinkern, und verstecke mich hinter meiner blauen Tasse. Wenn er das zu oft tut, dreh ich die Packung um, aber die Flocken in meiner Milch quasseln weiter. Über Gott den Herrn und dass sie gern dar-über reden würden. Der Weg zum Glück führt über pipapo und so weiter. Ich warte länger, bis die Flocken den weißen Tod begrüßt haben und matschig in der Schale dümpeln. Aber dann habe ich keinen Hunger mehr und bin lange hin-ter der Zeit.
Meine Küchenuhr ist kaputt. Sie hängt traurig hinterm Küchenschrank. Die Frühstücksflocken in der Packung glucksen Legenden von der Person, die so aussah wie ich vor vier Jah-ren. Sie sagen, ich bin besonders. Ich verbanne sie in den Müll, bestimmt abgelaufen. Falsch informiert. Müde.
Ich bin in meinem Kaffee eingeschlafen, die Tasse ist ein Scherbenweg zur Wand und ich mag eigentlich nicht lachen, deswegen klingt es gepresst, wie weinen. Ich will nicht, dass nur die blöden Flocken oder der Löwe mich mögen, warum nicht der leere Stuhl mir gegenüber.

Emma Luers
ist 16 Jahre alt und wohnt in Calveslage. In ihrer Freizeit zeichnet sie und spielt Gitarre. Aufgrund ihrer Liebe zu Fil-men und Serien ist es Emmas Zukunftswunsch, an einer Filmproduktion mitzuwirken. Musik ist ebenfalls ein großer Teil ihres Lebens. Ihre Texte sind von Unnachahmlichkeit geprägt und sorgen so immer wieder für Sprachlosigkeit.

aus: Dem Stillstampf
ein Bein stellen
Geest-Verlag, Vechta-Langförden 2019

ISBN 978-3-86685-705-6

ca. 260 S. 12 Euro