Eileen Ahland - Im Kopf einer Melancholikerin

Eileen Ahland, 21 Jahre, Hohenstein-Ernstthal
Im Kopf einer Melancholikerin

Im Kopf herrscht ein freudloses Orchester, eine Sinfonie des schiefen Tons. Eine finstere Stimme weist mir den Weg, steuert mein Handeln, meine Wahrnehmung und mein Verhalten. Befiehlt mir, was ich zu tun und zu lassen habe. Erlaubt es mir nicht, Interessen und schönen Erlebnissen nachzugehen. Die finstere Stimme will kein Sonnenlicht sehen. Sie kann sich nur im Dunkeln entwickeln, wie ein Polaroid. Befindet man sich auf dünnem Eis, dann ist die Sonne dein Feind. Auch wenn die Wärme wohltuend ist. Sie spielt bloß ein falsches Spiel. Will dich hinters Licht führen. Hält dich für dumm und naiv. Denkt, dass du auf die Masche reinfällst. Wie verdammt recht sie hat. Du tust es und lässt dich auf das Spiel mit dem Feuer ein. Verbrennst dich dabei Stück für Stück.
Das Eis ist geschmolzen, kein Anker weit und breit. Das, was dich vor wenigen Sekunden noch am Leben gehalten hat, ist verschwunden. Die klirrende Kälte frisst sich durch deinen zierlichen Körper, brennt sich in deinen Kopf und lässt die Sinne betäuben. Kein klarer Gedanke kommt mehr zustande, du findest dich mit der Situation und deinem Schicksal ab. In den letzten Minuten deines Bewusstseins bist du nicht allein. Die finstere Stimme ist bei dir. Sie ist das Einzige, was dich nie verlassen hat. Auf sie war immer Verlass. So auch jetzt. Sie erzählt dir, dass du es nicht anders verdient hast. Wer so leichtgläubig und naiv ist, muss am eigenen Leibe spüren, wie gefährlich das ist. Sie macht dir Vorwürfe. Wieso du dich immer von den Menschen fernhieltst, die dir Gutes tun wollten. Die dich geliebt und deine Anwesenheit genossen haben. Wieso du die Menschen von dir weggestoßen hast, die dich emotional angezogen haben. Wieso du den Weg der Distanz eingeschlagen hast, obwohl du ins Paradies der Nähe wolltest.
Weder du noch die finstere Stimme in deinem Kopf können rechtfertigen, was du deinen Mitmenschen angetan hast. Was du dir selbst jahrelang angetan hast. Es macht den Anschein, als musste es so kommen. Als wäre es gut so, von der Wärme der Sonne zerstört zu werden. Das scheinbar Schöne schenkt dir nicht immer Hoffnung, heilt dich nicht immer. Manchmal ist das Schöne der Funke, der deine Welt zum Explodieren bringt und alles vernichtet. Kritisch und pessimistisch zu sein, sind nicht etwa schlechte Eigenschaften. Sie sind Schutzfaktoren, die dich das nächste Mal davor bewahren, dich auf Gutes einzulassen, wenn deine Welt droht, einzustürzen. Denn Hoffnung ist gefährlich, und an jedem Feuer, welches dir Wärme spendet, kannst du dich verbrennen. Jedes Feuer kann dich und alles um dich herum in Brand setzen. Doch manchmal lohnt es sich, Risiken einzugehen.