Sarah Freese - Die Gesellschaft

Sarah Freese
Die Gesellschaft


Wieso?
Das ist die Frage, die sich in ihrem Kopf am al-lermeisten stellt.
Wieso ist alles so weit gekommen?
So weit, dass sie keinen anderen Weg sieht?
So weit, dass sie hier steht?
Alles ihre Schuld.
Die Gesellschaft.
Sie hört die Stimmen in ihrem Kopf,
Zu deutlich, zu frisch, zu stark:
„Du hässliche Schlampe, aus dir wird doch nie was!“
Und da haben sie recht,
Aus ihr wird nicht mal – ein Grab,
Denn sie wird einfach verschwinden.
Niemand wird Blumen an diese Stelle bringen,
Niemand wird an sie denken,
Niemand wird sie vermissen.
Sie suchen sich einfach ein neues Opfer.
– Eines, das genauso schwach,
genauso verletzlich,
genauso anders ist.
– Eines, das später genau hier stehen wird,
genau dasselbe denken wird,
genau dasselbe tun wird,
genauso endet wie sie.
Und immer und immer wieder.
Alles ihre Schuld.
Die Gesellschaft.
Sie wirft ihre Seele die Brücke hinunter,
Zögert kurz,
Wirft sich selbst hinterher,
Taucht ab in eine andere Welt.
Ohne sie.
Die Gesellschaft.