Annegret Achner, Maikäfer flieg
Annegret Achner, Bremen
Maikäfer flieg
Die Lokomotive pfeift, der Schall
durchsticht eisblaue Luft.
Ratatata schlagen die Räder.
Das schwarze Band der Schienen
zerreißt die Schneewüste bis zum Horizont.
Wartet. Wartet auf mich.
Ein heiserer Schrei aus aufgerissenem Mund,
Wasser und Blut, das Kind rutscht heraus.
Sie durchbeißt die Nabelschnur wie ein Tier.
Unter dem Mantel
der Sohn zwischen ihren Brüsten geborgen.
Auf dem Weg von dort nach hier
von hier nach dort
Müde ist sie, todmüde.
Sie wiegt das Kind in den Schlaf.
Maikäfer flieg!
Kein Stall, keine Krippe, keine dampfenden Tiermäuler
wärmen ihren Erstgeborenen.
Dein Vater ist im Krieg.
Scharfäugige Tiefflieger auf Beute lauernd
im leeren Himmel.
Soldaten finden die perverse Ikone
erfroren im Schnee.
Nehmen die Mütze vom Kopf.
Ein Fiepen aus dem Mund des Säuglings.
Das Kind lebt. Das Kind schreit.
Ein Wunder. Heilige Mutter Gottes.
Ein Wunder.
Maikäferkäfer flieg!
Wohin?
Nach Hause.