13.12.2024 - aktuelle Autorin - Heike Avsar
Veröffentlichungen im Geest-Verlag
Avsar, heike - Der Bernsteinreif
Heike Avsar, Berliner Autorin, die in ihrem Roman 'Sterne über Anatolien' über das Leben zwischen zwei Kulturen schreibt, über ein Leben (und auch das Sterben ihres Mannes) in der Welt zwischen Berlin und der Türkei. In ihrem Roman 'Der tiefe Fall des Herrn P. geht sie der Geschichte eines besonderen Odachlosen nach.
Vowort aus DER TIEFE FALL DES HERRN P.
Warum ausgerechnet ein Roman über Obdachlosigkeit? Gibt es keine fröhlicheren und sorgloseren Themen in einer ohnehin schon unruhigen und schwierigen Zeit? Sicher gibt es die, genauso wie es das noch immer verbreitete Wegschauen der Gesellschaft in Bezug auf Obdachlose gibt.
Wenn die Winter hart, die Obdachlosenunterkünfte überfüllt sind und die Betroffenen keine andere Möglichkeit sehen, dem Kältetod zu entgehen, als in Hausfluren zu schlafen, in beheizten Schalterräumen von Bankfilialen ihre Nachtlager aufzuschlagen, die Nächte auf den Bänken der U-Bahnhöfe zu verbringen oder im Schlafsack unter einer S-Bahnbrücke zu liegen, um wenigstens ein „Dach über dem Kopf“ zu haben, dreht man sich gern kopfschüttelnd und angewidert weg oder bringt seinen Unmut in Form einer kränkenden Wortwahl zum Ausdruck.
Meldungen über Obdachlose, die, auf Parkbänken schlafend, einfach angezündet werden, sind keine Erfindung, sondern traurige, unfassbare Realität.
Als Arbeitsscheue, Alkoholiker, Abschaum und Penner werden sie gern bezeichnet. Penner, die selbst verschuldet auf der Straße leben.
Und genau diesen Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – in die Obdachlosigkeit abgerutscht sind, ein Schattendasein am Rande der Gesellschaft führen und nicht mehr dazugehören, möchte ich eine Stimme geben.
Ihnen ist dieser Roman gewidmet.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir in Zeiten der gesellschaftlichen Spaltung leben, wo zum einen der ausgesprochene Rechtspopulismus aller Gesellschaftsschichten wieder „salonfähig“ geworden ist, rechte Parteien ihren Hass säen, deren Politiker den Holocaust leugnen und dafür sorgen, dass der Sprachgebrauch des Dritten Reichs in Deutschland wieder Einzug hält.
Bisher ist das Gros der Bevölkerung mit klarem Blick für Demokratie und gegen Rechts.
Hinzu kommt eine ungerechte Sozialpolitik, die immer stärker zunehmende Gentrifizierung in der Großstadt – profitabel für Investoren und Vermieter. Die Verlierer: alteingesessene Kiezbewohner mit geringem Einkommen, die verdrängt werden. Ein sozialer Abstieg, der vorprogrammiert ist. Und kein Ende in Sicht.
Glücklicherweise gibt es verschiedene Organisationen der Obdachlosenhilfe, der Kirchengemeinden und un¬zählige engagierte Menschen, die Hilfe anbieten. Das sind Ärzte, die kostenlos obdachlose Kranke behandeln, Sozialarbeiter, ehrenamtliche Mitarbeiter und Prominente, die sich seit Jahren unermüdlich für Ob-dachlose einsetzen. Ein unverzichtbares Engagement.
Handlung und Personen in „Der tiefe Fall des Herrn P.“ sind frei erfunden. Bis auf J., den ich während meiner Recherchen zum Roman in einem Restaurant ansprach, wo er die „Obdachlosenzeitung“ verkaufte. J. erzählte mir bereitwillig von seinem Leben und gab mir sein Einverständnis, seine „Geschichte“ mit verwenden zu dürfen. Aus ihm wurde „Herbert“, der dem Leser kurz in einem Obdachlosen-Café begegnen wird.
Seine positive und fröhliche Art hat mich sehr beeindruckt, und ich hoffe, dass alle seine Wünsche und Träume in Erfüllung gegangen sind.
Bei Herrn P., dem Hauptprotagonisten, und einigen anderen Romanfiguren geht es nicht nur um die gesellschaftliche Ausgrenzung, sondern auch um die eigene Persönlichkeitsstörung, den Verlust des Vertrauens in sich und andere Menschen, der die Zerstörung der betroffenen Lebenswege deutlich macht.
Doch es kann immer einen Weg zurück in die Gesellschaft geben, solange man nicht den Glauben an die Menschlichkeit verloren hat.
Heike Avsar
Wenn die Winter hart, die Obdachlosenunterkünfte überfüllt sind und die Betroffenen keine andere Möglichkeit sehen, dem Kältetod zu entgehen, als in Hausfluren zu schlafen, in beheizten Schalterräumen von Bankfilialen ihre Nachtlager aufzuschlagen, die Nächte auf den Bänken der U-Bahnhöfe zu verbringen oder im Schlafsack unter einer S-Bahnbrücke zu liegen, um wenigstens ein „Dach über dem Kopf“ zu haben, dreht man sich gern kopfschüttelnd und angewidert weg oder bringt seinen Unmut in Form einer kränkenden Wortwahl zum Ausdruck.
Meldungen über Obdachlose, die, auf Parkbänken schlafend, einfach angezündet werden, sind keine Erfindung, sondern traurige, unfassbare Realität.
Als Arbeitsscheue, Alkoholiker, Abschaum und Penner werden sie gern bezeichnet. Penner, die selbst verschuldet auf der Straße leben.
Und genau diesen Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – in die Obdachlosigkeit abgerutscht sind, ein Schattendasein am Rande der Gesellschaft führen und nicht mehr dazugehören, möchte ich eine Stimme geben.
Ihnen ist dieser Roman gewidmet.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir in Zeiten der gesellschaftlichen Spaltung leben, wo zum einen der ausgesprochene Rechtspopulismus aller Gesellschaftsschichten wieder „salonfähig“ geworden ist, rechte Parteien ihren Hass säen, deren Politiker den Holocaust leugnen und dafür sorgen, dass der Sprachgebrauch des Dritten Reichs in Deutschland wieder Einzug hält.
Bisher ist das Gros der Bevölkerung mit klarem Blick für Demokratie und gegen Rechts.
Hinzu kommt eine ungerechte Sozialpolitik, die immer stärker zunehmende Gentrifizierung in der Großstadt – profitabel für Investoren und Vermieter. Die Verlierer: alteingesessene Kiezbewohner mit geringem Einkommen, die verdrängt werden. Ein sozialer Abstieg, der vorprogrammiert ist. Und kein Ende in Sicht.
Glücklicherweise gibt es verschiedene Organisationen der Obdachlosenhilfe, der Kirchengemeinden und un¬zählige engagierte Menschen, die Hilfe anbieten. Das sind Ärzte, die kostenlos obdachlose Kranke behandeln, Sozialarbeiter, ehrenamtliche Mitarbeiter und Prominente, die sich seit Jahren unermüdlich für Ob-dachlose einsetzen. Ein unverzichtbares Engagement.
Handlung und Personen in „Der tiefe Fall des Herrn P.“ sind frei erfunden. Bis auf J., den ich während meiner Recherchen zum Roman in einem Restaurant ansprach, wo er die „Obdachlosenzeitung“ verkaufte. J. erzählte mir bereitwillig von seinem Leben und gab mir sein Einverständnis, seine „Geschichte“ mit verwenden zu dürfen. Aus ihm wurde „Herbert“, der dem Leser kurz in einem Obdachlosen-Café begegnen wird.
Seine positive und fröhliche Art hat mich sehr beeindruckt, und ich hoffe, dass alle seine Wünsche und Träume in Erfüllung gegangen sind.
Bei Herrn P., dem Hauptprotagonisten, und einigen anderen Romanfiguren geht es nicht nur um die gesellschaftliche Ausgrenzung, sondern auch um die eigene Persönlichkeitsstörung, den Verlust des Vertrauens in sich und andere Menschen, der die Zerstörung der betroffenen Lebenswege deutlich macht.
Doch es kann immer einen Weg zurück in die Gesellschaft geben, solange man nicht den Glauben an die Menschlichkeit verloren hat.
Heike Avsar