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Sigune Schnabel - Lied der Enkel

Lied der Enkel

Ich lasse dir alle Bäume,
will auch das Gras nicht für mich.

Nichts nehme ich dir,
nicht die Wälder,
nicht den müden Gang.

Tief in der Erde träumt
Großvater vom Schnee
in einem anderen Land.
Seine Schuhe haben Löcher
und er kennt alle zwölf Gesänge
der Kälte. Einen trägt er morgens
auf der Zunge, einen weiteren in den Sohlen.
Den dritten überlässt er den Birken.

Weiß füttern die Astgabeln
einen neuen Tag.
Da gibt es noch Bilder
und felsige Kinder.

Stanisław Wygodzki - AN DIE MUTTER

AN DIE MUTTER

Dereinst über dich schreiben ist mein Wille,
dich aufleben lassen ist mein Wunsch.
Doch jetzt widme ich dir jene Stille,
die du mir summend gabst vor langer Zeit.

Ich aber singe dir keine Lieder.
Ich kann es nicht, kann es nimmermehr.
Die Bäume sollen gebeugt dich wiegen
im stummen Rauschen über Auschwitz’ Kaminen.

Ich kann nur noch unter Schluchzen
über dir schweben zu verspäteter Zeit
und mich wandeln zu deiner Asche Nacht –
zum Rauschen, zum Wald und zur Dunkelheit.


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