Bericht über die Buchpremiere 'Zwischen meinen Stühlen' in der VHS Essen

Ein voller Saal, bewegende Texte und ein Publikum, das gespannt lauschte. Was will man mehr, wenn es ein neues Buch der Essener Anthologien zu feiern gilt! An die 300 Jugendliche zwischen 10 und 20 Jahren aus dem Ruhrgebiet hatten Texte zu dem Thema „Zwischen meinen Stühlen“ geschrieben, unter ihnen viele mit einer Migrationsgeschichte in der Familie.  Am Dienstag, dem 19. November 2024, war es so weit. Über 120 Jungautorinnen und -autoren hatten den Sprung in die Auswahl geschafft und waren mit ihren Familien, Freundinnen und Freunden aus dem ganzen Ruhrgebiet gekommen, um in der VHS Essen ihr persönliches Belegexemplar abzuholen und das neue Buch in Augenschein zu nehmen.
Das war toll, galt es doch auch ein Jubiläum zu feiern. Denn inzwischen gibt es diese Reihe seit 20 Jahren. Eine richtig kleine Bibliothek ist in dieser Zeit entstanden mit über 2000 Texten. Die Reihe ist einzigartig in Deutschland. Sogar auf der Frankfurter Buchmesse treten die Jugendlichen regelmäßig auf. Und auch die literaturwissenschaftliche Forschung hat sie entdeckt.
Das Besondere an den Essener Anthologien? Bei ihnen kommen die Jugendlichen selbst zu Wort, unverstellt mit dem, was ihnen auf der Seele brennt. Und so war es auch an diesem Premierenabend. Manchmal hätte man geradezu eine Stecknadel fallen hören können, so sehr zogen die lesenden Jungautorinnen und -autoren die Zuhörenden in ihren Bann. Und das in einer Zeit großer gesellschaftlicher Verunsicherung, die auch an den jungen Menschen nicht vorübergeht! Man denke nur an die Nachwirkungen von Corona, die Kriege in der Ukraine und in Nahost, den unaufhaltsamen Klimawandel, die Erdbeben in Syrien und der Türkei! Es war daher beeindruckend zu erleben, wie die jungen Autorinnen und Autoren versuchen, mit der Situation umzugehen, in die sie hineingeworfen wurden. Mit literarischen Stimmungsbildern, Situationsbeschreibungen, aber auch kleinen Essays. Das Niveau war oft beachtlich. Wer hätte das gedacht! Das machte selbst den Herausgeber Artur Nickel immer wieder sprachlos.  Verse wie die von Tala Hamza (18 Jahre), um nur ein Beispiel zu nennen:


Umgeben von Ungerechtigkeit
In dieser schmerzhaften Nacht
Sitze ich still
Still, obwohl alles in mir schreit
Still, obwohl alles in mir zerreißt


Die Erste Bürgermeisterin der Stadt Essen Frau Julia Jacob, genauso betroffen und beeindruckt, beglückwünschte die Jugendlichen im Namen der Stadt zu ihren Texten und dankte den Beteiligten für die geleistete Arbeit.
Ein Abend, den man nicht so schnell vergessen wird, und eine Einladung, sich dem zu stellen, was diese Jugendlichen mitzuteilen haben! Es lohnt sich. Es ist wichtig für unsere Zukunft und die unserer Gesellschaft.
Getragen wird das Projekt vom Kulturzentrum Grend Essen und vom Geest-Verlag Visbek sowie von vielen Kooperationspartnern vom Türkischen Elternverband Ruhr , dem Spanischen Elternverein Essen und der Literarischen Gesellschaft Bochum über das Literaturbüro Ruhr, das Literaturhaus Dortmund und die Ruhr-Universität Bochum bis hin zu den RuhrTalenten sowie den Zentralbüchereien Bochum und Essen und vielen Schulen. Herausgegeben werden die Bücher von dem Bochumer Autor und Literaturvermittler Artur Nickel.