Das Kind und der Abendstern von Dieter Krenz - Teil 1- 3 Die Flaschenpost

Das Kind und der Abendstern von Dieter Krenz - Teil 1 Die Flaschenpost

Die Flaschenpost
1 Das Kind hatte in einer Kindersendung gesehen, was eine Flaschenpost ist. Das fand es so spannend, dass es auch eine losschicken wollte. Weil es aber noch nicht schreiben konnte, diktierte es seiner Omi einen Brief an ein Kind draußen in der Welt:
Hallo Kind,
ich bin bei meiner Omi. Hast Du auch eine Omi? Ich wohne in der Gartenstraße. Ich habe eine Schaukel und ein Baumhaus. Du auch? Wenn ich groß bin, werde ich Kapitän auf einem Schiff. Dann kann ich Dich besuchen.
Tschüß
Am Abend warf es das Fläschchen von der Landspitze aus ins Meer.
Meinst Du, dass meine Flaschenpost ankommt?,
fragte es den Abendstern.
Bestimmt,
antwortete dieser.
Das genügte dem Kind als Antwort.


2 Am nächsten Abend erinnerte sich das Kind an seine Flaschenpost.
Weißt Du, wann meine Flaschenpost ankommt?,
fragte es.
Wenn das Menschenkind an den Strand kommt, sie aufhebt, öffnet und Deinen Brief liest,
antwortete der Abendstern.
Da freue ich mich schon drauf – und meinst Du, das Kind freut sich auch?,
wollte es wissen.
Hundertprozentig,
sagte der Stern.
Da war das Kind zufrieden.


3 Nach einigen Wochen erinnerte sich das Kind wieder an seine Flaschenpost.
Meinst Du, meine Flaschenpost ist schon angekommen?,
fragte es.
Das glaube ich nicht. Das Meer ist ein langsamer Briefträger,
antwortete der Abendstern.
Hoffentlich bringt das Meer meinen Brief überhaupt hin,
zweifelte das Kind.
Sicher, auf das Meer kannst Du Dich verlassen. Es trägt alles an seinen Bestimmungsort.
beruhigte der Stern.
Da war das Kind zufrieden.