NOZ berichtet über Premiere von Heiko Schulzes 'Lenethun' am Freitag im Osnabrücker Gewerkschaftshaus

Heute in der NOZ Osnabrück

 

Schulze las vor vollem Haus aus Roman

Von Wutbürgern in alten Zeiten

Osnabrück. Wutbürger oder gewissenloser Aufrührer – das Leben des Schneidermeisters Johann Lenethun erhielt zumindest am Ende seiner Tage eine spannende Wendung. Der Osnabrücker Autor Heiko Schulze setzt sich in seinem Roman mit der historischen Figur auseinander und trug während der Lesung im Gewerkschaftshaus Kostproben der sorgsam recherchierten Handlung vor.


 
 
Der Osnabrücker Autor Heiko Schulze. Foto: Uwe Lewandowski

 

Der Roman „Lenethun. Aufstand gegen Rat und Klerus“ sei sein „persönlicher Beitrag zum Jubiläum 500 Jahre Rathaus Osnabrück, das im nächsten Jahr gefeiert wird“, so der Autor. Denn die Geschichte um die Revolte gegen die Obrigkeit ist eng mit dem 1487 begonnenen Bau des noch heute den Marktplatz dominierenden Gebäudes verknüpft. Fertig gestellt wurde es 1512, doch ob der Protagonist des Romans dies noch erlebte, kann innerhalb dieser Zeilen nicht verraten werden.

Viele Fakten über das Leben des Schneidermeisters sind nicht erhalten. „Wir wissen nicht genau, was sich in den Jahren 1488 bis 1490 zugetragen hat. Die zur Verfügung stehenden Quellen stellen sich als ratsnah dar, vertreten die Haltung der Obrigkeit“, machte der Historiker Dr. Karsten Igel deutlich, der die Einleitung des Romans verfasst hat. Doch das Studium weiterer zur Verfügung stehender Quellen öffnete Schulze die Möglichkeit, Details des Lebens in der spätmittelalterlichen Stadt aufzunehmen und diese zusammen mit den wenigen Fakten über Lenethun zu einer spannenden, fiktiven Handlung zu verbinden.

Im mit 80 Zuhörern voll besetzten Hans-Böckler-Raum las Schulze aus verschiedenen Szenen des Plots. Geschildert wurde die wachsende Wut der Ackerbürger gegen die hohen Steuern, mit denen der Prestigebau des damaligen Bürgermeisters finanziert werden soll, die Einzäunung der Gemeindewiesen durch Domherren und Großgrundbesitzer, das liederliche Leben der Angehörigen des Klerus und der darauf folgende Protest der mittelalterlichen Wutbürger.

Auch das pralle Alltagsleben abseits des Konflikts kommt zu Wort. Im Gasthaus Rampendahl wird Rotbier mit Bilsenkraut ausgeschenkt, was die Trinker „toll im Kopf“ machte. Es tauchen Figuren wie der Spielmann Wefel auf, der Stadtsekretär Leidecker und der Kämmerer Baierlein – Ähnlichkeiten mit heute lebenden Personen sind rein zufällig, den Zuhörern gefiel des Autors Kunstgriff sichtlich. Wenn Schulze dann die Szene wechselte, griff Liedermacher Günter Gall in die Saiten und sang zur Überleitung von Bettlervögten und schwarzen Mönchen.

Bürgermeisterin Karin Jabs-Kiesler sprach dem im Geest-Verlag erschienenen Buch eine „positive Wirkung auf das historische Bewusstsein der heutigen Bürger“ zu. Das ist Empfehlung genug, sich in den Lesesessel zurückzuziehen und für den Preis von 15 Euro eine Tour ins wahrlich nicht langweilige Osnabrück des späten 15. Jahrhunderts zu buchen.