NRZ mit Hintergrundbericht zu 'Wenn Wasser erzählt'

Literatur

Ein echtes Jugendbuch

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26.12.2012 | 15:59 Uhr

Ein echtes Jugendbuch
Die Schülerinnen (v.l.) Miljana Stojanovic, Sandra Fiedler und Solangè Haase an dem Buch „Wenn Wasser erzählt...“ mitgearbeitet.Foto: Jan Dinter

Essen.   Schreibarbeit nach Schulschluss? Das klingt nach Hausaufgaben oder Strafarbeit – trifft allerdings beides nicht zu. Anlass zum freiwilligen literarischen Engagement einiger hundert junger Menschen ist ein jährlicher Schreibwettbewerb. Das Ergebnis ist ein Buch voll mit „jungen Texten aus dem Ruhrgebiet“.

Das Werk ist Ende November beim Geest-Verlag in Zusammenarbeit mit dem Steeler Grend-Kulturzentrum erschienen ist. Rund 40 Prozent der eingereichten Werke stammen von Essener Nachwuchsautoren.

Der Buchtitel „Wenn Wasser erzählt...“ war das Thema, das im März ausgeschrieben wurde und letztlich etwa 400 Schüler aus dem ganzen Ruhrgebiet inspirierte. So viele Texte gingen ein. „Der Andrang ist erstaunlich, zumal nicht einmal ein Preis ausgeschrieben wird“, freut sich Initiator Arthur Nickel. Als Lehrer für Deutsch und Religion an der Erich Kästner-Gesamtschule in Steele hat er den Wettbewerb nicht nur dort beworben: „Die Texte bilden einen guten Querschnitt, es waren Schüler aus allen Schulformen beteiligt“, sagt Nickel begeistert. Platz für alle Einsendungen boten die 312 Seiten nicht, Nickel und der Verlag wählten die 100 besten aus.

Gebürtige Serbin schreibt gleich zwei Geschichten

Eine, die mit dem Buch zur Schriftstellerin wurde, ist Miljana Stonjanovic: „Ich wollte schon immer mal meinen Namen in einem Buch lesen“, sagt die Schülerin der Unesco-Schule. Von ihr haben es gleich zwei Texte ins Buch geschafft. Doch das sei nicht die einzige Motivation: „Wenn es mir schlecht geht, schreibe ich. Das hilft mir immer“, erzählt die 17-Jährige. Erst vor drei Jahren ist sie aus Serbien nach Deutschland gekommen , doch wenn man ihr Gedicht „Spiegelbild in der Ruhr“ liest, entsteht der Eindruck, so manch Muttersprachler könnte noch etwas von ihr über die deutsche Sprache lernen.

Klassenbeste in Deutsch sei aber ihre Mitschülerin Sandra Fiedler, reicht Miljana die Komplimente sofort weiter. Sandra bereicherte „Wenn Wasser erzählt...“ mit ihrer fiktiven Fortsetzung der Bernenixen-Sage. „Ich will später Autorin werden“, sagt die 17-Jährige, die schon zum zweiten Mal an einem Buch mitgewirkt hat.

„Politisches Statement“

Keine Märchen oder Sagen, sondern die Realität beschäftigt dagegen eine andere Essener Nachwuchsautorin: „Meine Kurzgeschichte ist ein politisches Statement“, betont die 18-Jährige Solangè Haase und möchte darauf aufmerksam machen, dass „Wasser nicht überall automatisch aus dem Hahn kommt“.

Die inhaltliche und lyrische Vielfalt sei es, die die Texte und somit das Buch ausmachen, meint Alfred Büngen vom Geest-Verlag: „Wasser hat verschiedenste kulturelle und religiöse Bedeutungen“, so der Herausgeber, „mit dem Thema wollten wir vielen jungen Menschen ein Forum bieten.“ Die Auswahl der abgedruckten Texte richtete sich daher vor allem nach der inhaltlichen Aussagekraft. „Es geht aber auch um Stolz-Sein“, fügt Artur Nickel hinzu. Und das dürfen sie nun auch – bei Lesungen auf Messen, im Radio und jetzt auch in der Tageszeitung.

Julia Rathcke