Sönke Zander - Strandparty
Strandparty
Die Götter sind, wie schon seit allerersten Zeiten,
mal wieder hier am Meeresstrand, um auszuruh'n
von all den Müh'n und Plagen der Unsterblichkeit
und um zu tun, was Göttinnen und Götter halt so tun,
wenn sie am Meeresstrand zusammenkommen.
Besonders lieben sie's, den Wellen zuzusehen,
die unaufhörlich an das Ufer rollen
und dort zu nichts als weißem Schaum vergehen.
Gottvater Zeus ist leider heute nicht dabei,
er will mit einer Sterblichen anbandeln
wie schon so oft, und alle sind total gespannt:
In was wird er sich diesmal wohl verwandeln?
Hera und Aphrodite tauschen Wissen aus
von Faltencremes und allerneustem Modetrend
und von dem Kampf mit jenem furchtbaren Problem
der Götter, das man Langeweile nennt.
Poseidon und Nereus schmieden Ränke,
um endlich .den Odysseus dranzukriegen,
während die meisten göttlichen Kollegen.
entspannt und göttlich-lässig in der Sonne liegen.
Die Nereidentöchter plantschen froh im Wasser
und spielen mit den Freundinnen, den Wogen.
Nur eine läuft heut lieber Wasserski
Und wird von drei Delphinen übers Meer gezogen.
Die andern Göttinnen und Götter räkeln .
sich faul im Sand und machen small talk und sie essen
Ambrosia und trinken Wein und ganz viel Lethe,
denn wer unsterblich ist, der muss sehr viel vergessen.
So kriegen sie auch diesen Tag herum
von den unendlich vielen der Unsterblichkeit.
Die Wellen rauschen auf den weißen Strand,
der Himmel oben ist so blau und hoch und weit.
Und als der Sonnenwagen dann ins Dunkel fährt,
da schmiegen sie sich in den warmen Sand
und werden müd, und ihre Stimmen werden leiser,
bis sie der andere Gott des Schlafes übermannt.