Marie Sophie Michel (München) bespricht: 'Das Buch Emma' von Cornelia Koepsell

Buchbesprechung zu „Das Buch Emma“ von Cornelia Koepsell Geest-Verlag 2013

Das Cover dieses Buches ist ungewöhnlich. Ein warmes „linkes“ Rot, eine Aufnahme in Sepia, ein Junge und ein Mädchen auf Steinbrocken am Gebirgssee, und in der linken Ecke umgreift eine Spinne das Foto. Die Spinne springt einem sofort ins Auge und ist das „Verstörende.“
Emma, ich denke der Name der Heldin ist nicht zufällig gewählt (nach der Bovary und der Zeitschrift) wächst  in den 50/60ern der BRD auf.
Sie ist ein hochsensibles Mädchen und leidet dementsprechend am Zeitgeist. Denn der „braune Geist“ spukte noch weiter in der Erziehung. Viele Lehrer handelten noch nach der Parole: „Wer geliebt wird, wird geschlagen.“
Emma stellt Fragen, sie redet mit der Spinne Richard und ist anders. Ein schüchternes, introvertiertes Mädchen mit einem reichen Innenleben. Sie hängt sehr an ihrem Bruder Paul.
Sie befreit sich aus den religiösen Zwängen des Vaters, um dann an der Weltrevolution bei den K-Gruppen mitzuarbeiten, erkennt aber auch die die grausame Autorität, nun ist der „Marxismus-Leninismus“ ihr „Opium.“  Zunächst gefällt ihr das Wir-Gefühl, sie, die bisher immer die Außenseiterin war, gehört auf einmal dazu. Bis sie auch dieses perfide Machtsystem durchschaut - und was grotesk klingt: Im Gefängnis kommt sie zur inneren Ruhe und nach ihrer Entlassung ist sie frei und kann endlich sie selbst sein, mit der Begabung ihrer Sensitivität. Sie muss sich weder dem Elternhaus noch der Partei  unterordnen.

In einer teils lakonischen, manchmal ironischen Sprache erzählt Cornelia Koepsell einen wunderbaren Entwicklungsroman. Im ersten Drittel zoomt die Autorin die Perspektive nah an das Kind heran. Danach schlägt sie aber wieder den Bogen zum gesellschaftlichen Kontext. Wohltuend unsentimental und am Ende versöhnlich präsentiert sich der Roman und ist keine autobiografische „Betroffenheitsschreibe.“

Ich finde diese Lektüre auch gerade für die Baby-Boomer-Generation sehr interessant. Was ist wenn man  statt 1964 1954 auf die Welt gekommen ist? Wieviel zehn Jahre doch in der Sozialisation ausmachen. In den Fünfzigerjahren herrschten noch das „Schweigekartell“ und die „Schwarze Pädagogik“.
Das Ende im Buch ist versöhnlich.  „Das Buch Emma“, kein bloßer Unterhaltungsroman sondern ein Stück gelungene Literatur. Es ist spannend zu lesen, nicht im Sinne eines Krimis, aber ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen.

Marie-Sophie Michel

 

 

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